Kartoffelkaas mit Flönz – Deutschland – EM2012

Kartoffelkaas mit Flönz

Ob er sich das trauen würde? Der Stromberg? Den Spielern der deutschen Nationalelf echt bayerischen Kartoffelkaas mit Flönz (Blutwurst) vorzusetzen? Bernd Stromberg müssen wir zum Glück nicht fragen. Er dürfte zwar den meisten Deutschen bekannt sein, aber nur als Held einer Comedy-Serie in Pro7, wo er im Bereich Schadensregulierung (von M-Z) einer fiktiven Versicherung sein Unwesen als Abteilungsleiter treibt.

Über das kulinarische Thema würde ich mich viel lieber mit Holger Stromberg unterhalten. Er ist zwar erst 40 Jahre alt, erhielt aber schon im zarten Alter von 23 Jahren einen Michelin-Stern. Seit August 2007 (Nachtrag: bis 2017) ist war er für das leibliche Wohl der Nationalmannschaften verantwortlich.

Auf der Internetseite der Nationalmannschaft kann man nachschlagen, was den Spielern vom Meisterkoch kredenzt wird. Mir genügte die Übersicht der Fisch- und Fleischrezepte um sicher zu sein: den Jungs mangelt es an nichts. Natürlich gibt es Riesengarnelen, gerösteten schottischen Lachs, Kalbfleisch und glasiertes Kaninchen.

Die Beliebtheit von Burrata (eine Form des Mozzarella) mit Pinienkernen und Rucola, oder des Ingwer-Gemüse-Reises unter den Vegetariern, ist von hier aus nur sehr schwer festzustellen. Die restlichen Gerichte bleiben ohnehin ein Geheimnis Strombergs.

Ob die Spieler Blutwurst mögen?

Trotzdem ist zu vermuten, dass viele der Nationalspieler keine Blutwurst mögen. Egal ob die Wurst nun aus Köln, Sachsen oder Franken stammen mag. Und es ist auch egal woher die Spieler kommen. Über die Essgewohnheiten des Einzelnen wissen wir wenig. Nur die Mutter von Thomas Müller hat kürzlich in einem Radio-Interview zu Protokoll gegeben, dass sich der junge Bayern-Spieler hin und wieder Nudelauflauf aus ihrem heimischen Herd wünscht.

Sieht man von wenigen Ausnahmen ab, so ist die Mehrzahl der Spieler im deutschen Kader noch keine 30 Jahre alt, weshalb die komplette Mannschaft an die Fast-Food-Generation verloren ging. Und deshalb quält mich eine weitere Frage: Wie verhindert Stromberg, dass Ausflüge zum nächsten Burger King oder gar zu McDonalds gemacht werden? Und die gibt es auch in Danzig. Das ist verbrieft!

Unter den sogenannten Foodbloggern, das sind Menschen, die ihr Essen noch selber kochen, auf jeden Fall fotografieren, bevor sie es (dann meistens kalt) verspeisen, und zu denen ich seit einigen Jahren zähle, gibt es immer wieder ein Thema, das in unregelmäßigen Abständen auftaucht.

Dabei geht es darum, was denn mit all den Teilen von Tieren geschieht, die die Mehrzahl der Bürger nicht mehr im Supermarkt vorfindet und die auch die Fernsehköche links liegen lassen. Denn im TV sehen wir prächtig parierte Fleischstücke, als wäre es normal, kein Gramm Fett daran zu haben. Vom Hähnchen nur die Schenkel, von der Pute nur die Brust und die Keulen, Enten bestehen danach ohnehin nur noch aus Brüsten und ganze Rinder nur aus Entrecôte und Filet.

Was ist heute typisch deutsch?

In der Diskussion, die ich darüber angezettelt habe, was denn nun ein typisch deutsches Gericht für meine EM-Serie sei, kam, sicher auch wegen oben genannter Problematik, die gute alte Blutwurst ins Spiel. Nicht ganz typisch deutsch, ich habe schon Blutwurst in Nordspanien und mitten in Frankreich probiert, aber immerhin ausgefallen genug, um hier das Rennen zu machen.

Kartoffelkaas mit FlönzFritz (Chef, der Metzger hat gesagt) aus Köln, schickte mir umgehend einen ganzen Ring „Flönz“, so die kölsche Bezeichnung für die rheinische Blutwurst. Sandra (…in Frau Kampis Küche…) schickte mir eine ganze Original „säggs-sche Bluddwurschd“ und der Metzger meines Vertrauens wartete mit einem Stück geräucherter fränkischen Blutwurst hinter seiner Theke auf mich (siehe Foto unten).

Dazu wurde aus Bushcooks Kitchen, die in München schreibt, dringend ein niederbayerischer Kartoffelkaas empfohlen, der bei Grillabenden schon so manches Rennen gegen Kartoffelsalat gewonnen hat und aus dem sich, mit ein paar Scheibchen der reichlich vorhandenen Wurst und der richtigen Schüssel, zumindest ein halber Fußball formen ließ.

Der Kartoffelkaas war sehr, sehr lecker. Was die Blutwürste anging so will ich keinen Sieger küren, fand aber die sächsische Blutwurst geringfügig besser als die anderen beiden probierten Sorten. Die gewaltigen Wurstreste werden heute an eine große Schar druckender Kollegen verfüttert.

Da die Blutwurst nur leicht mehliert und kurz gebraten wird, können wir also beim nächsten Spiel wieder gelassen die Füße auf den Tisch, die Hände in den Schoß und den Autoschlüssel bereit legen. Denn was wäre ein EM-Abend ohne Autocorso.

Rezept und Zubereitung Kartoffelkaas mit Flönz

Zutaten für 4 Personen:
* 1 kg mehlig kochende Kartoffeln
* ca. 200-300 ml Sahne
* 1 Zwiebel
* etwas Butter
* Muskat
* Salz
* schwarzer Pfeffer aus der Mühle
* Schnittlauch

Zubereitung nach Frau Bushcook:
Die Blutwurst in ca. 1-2 cm dicke Scheiben schneiden, diese in einem Teller mit etwas Mehl leicht mehlieren und in etwas Öl anbraten. Die Zwiebel sehr fein würfeln und in wenig Butter glasig schwitzen. Die Kartoffeln kochen, ausdämpfen lassen und pellen. Durch die Kartoffelpresse drücken. Die gebratenen Zwiebelwürfelchen unter die durchgedrückten Kartoffeln heben.

Die Sahne stark mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen und die Gewürze gut vermischen. Auf diese Weise werden die Kartoffeln gleichmäßig gewürzt. Sahne zu der Kartoffel-Zwiebelmischung gießen und vorsichtig umrühren, um die Masse zu verbinden. Die Kartoffeln saugen sehr stark, deshalb kann die Sahnemenge nur in etwa angeben werden. Vor dem Servieren nochmals abschmecken. Den Schnittlauch in feine Ringe schneiden und den Kaas damit dekorieren.

Kartoffelkaas mit Flönz
Die Würste und ihre Herkunft (von links): Fränkische Blutwurst, geräuchert, auch Speckwurst genannt. Dann die Kölner Flönz und die sächsische Blutwurst.


Weitere Rezepte zur EM 2012 in diesem Blog:



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Ist es nicht ein Jammer? Die einen denken bei Blut- und Leberwurst nur an eine gut gefüllte Schlachtschüssel mit Sauerkraut, aus dem womöglich auch noch ein fettes Eisbein ragt. Die anderen haben bei dem Wort Ravioli nur die, zumindest in Deutschland, berühmtesten aller Ravioli im Kopf, nämlich die „in Tomatensauce“, also den Dosen-Klassiker aus der Maggi-Zentrale.

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Wer Blut- und Leberwurst nur in der Schlachtschüssel mit einem Berg Sauerkraut kennt, wird sich vielleicht über das Rezept unten wundern. Und ja: einen Teil der aus der Schlachtschüssel bekannten Komponenten kann man auch ganz anders servieren. In dem hier vorgestellten Fall als feine Vorspeise, optisch meilenweit von allem entfernt was wir sonst damit in Verbindung bringen.



6 Kommentare zu “Kartoffelkaas mit Flönz – Deutschland – EM2012”

  • Hach, ich bin ja hocherfreut. Freut mich sehr, dass dir die Wurst gut geschmeckt hat. Die anderen würde ich auch gerne mal im Vergleich probieren…
    Drücken wir also unseren Jungs mal ordentlich die Daumen!

  • Ich schaue hier ab und zu vorbei, wenn ich auf der Suche nach einem etwas ausgefalleneren Rezept bin. Aber heute muss ich doch ein paar Zeilen schreiben und zu der tollen Serie zur EM 2012 gratulieren.

    Meiner Meinung nach sind die Rezepte und ihre Zutaten toll auf die jeweiligen Mannschaften und Länder bezogen. Auch die Bilder sind einzigartige Klasse. Ich wusste gar nicht, dass es von Playmobil für jedes Team die Figuren gibt.

    Ich bin schon mal gespannt, was das Finale werden wird! Nicht nur kulinarisch, versteht sich.

    LG, Günter

  • Lieber Peter,
    ich bin begeistert von der Präsentation. Dieses Gericht ist wirklich Nationalmannschaftswürdig. Ob Holger Stromberg das unseren Jungs servieren würde, bringe ich noch für Dich in Erfahrung. Zumindest weiß ich, daß bei den Jungs auch gerne Hausmannskost gegessen wird.

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