Immer wieder umstritten ist die Frage ob man Wildschweinfleisch einlegen soll/muss oder nicht. Weit verbreitete Zutaten beim Einlegen sind Buttermilch, Essig-Gewürzmischungen oder auch Rotwein. Generell kann man festhalten, dass Wildschwein vom Geschmack her ein typisches „Anfänger-Wild“ ist, bei dem es aber sehr stark auf das Alter des jeweiligen Tieres ankommt.
Nachdem wir derzeit eine richtige Wildschweinplage haben, kommt in den Handel meist das Fleisch von Jungtieren, oft von sogenannten Überläufern, die circa ein Jahr alt sind. Deren Fleisch schmeckt keinesfalls besonders ausdrucksstark nach Wild, was bei Reh oder Hirsch viel eher der Fall ist.
Es besteht also kein Anlass junges Wildschweinfleisch zu marinieren um Einfluss auf den Eigengeschmack des Fleisches zu nehmen. Diese Methode ist im Prinzip schon seit Jahrzehnten überflüssig, außer es würde sich um das Fleisch eines alten Keilers handeln. Aber dann kann man ohnehin was erleben, wenn man dessen Fleisch zuhause auspackt – und merkt sofort was die Stunde geschlagen hat.
Kehren wir zurück zum Begriff „Anfänger-Wild“ und tagelangem einlegen, stellt sich schnell die Frage, warum man sich ein Stück ganz besonderes Fleisch organisiert und zubereitet, wenn man vorher alles tun will, um ihm seinen Eigengeschmack zu entziehen. Das wäre wie Fisch zu essen, der nicht nach Fisch schmecken darf.
Wissenswertes zur Behandlung von Wildschwein-Fleisch
Fragen, die zu Wildschwein immer wieder gerne gestellt werden:
· Muss man Wildschweinfleisch spicken?
Auch das Spicken ist eine alte Methode, die man aus nostalgischen Gründen durchaus mal anwenden kann, generell kann man darauf verzichten, wenn man das Fleisch im Ofen oder Grill richtig behandelt.
· Wann legt man Wildschwein in eine Essig-Gewürzmischung?
Wer sein Wildschweinfleisch in Richtung eines Sauerbratens zubereiten möchte, wird es selbstverständlich in eine Essig-Gewürzmischung legen.
· Und was ist mit Rotwein?
Wildschwein-Fleich kann man sehr gut zum schmoren verwenden. Wie immer sollte man bei dieser Zubereitungs-Methode nicht am Rotwein sparen.
· Kann man Wildschwein-Fleisch grillen?
Natürlich kommt es auf das verwendete Stück an. Man sollte große Stücke von der Keule oder aus dem Schulterbereich am besten in eine schöne Speckschicht wickeln, binden und nur bei indirekter milder Hitze grillen.
· Die Zubereitung im Ofenrohr?
Im heimischen Herd sollte (nach kurzem, kräftigem anbraten von allen Seiten) mit der Niedertemperatur-Methode gearbeitet werden, wobei man die 80-90 Grad kaum überschreiten sollte. Für ein Stück Keule ohne Knochen, das etwa ein Kilo wiegt, empfehle ich eine Zeit von etwa 3-3½ Stunden bei dieser Temperatur.
Wildschweinfleisch auf dem Grill
Das Fleisch freilebender Wildschweine ist generell sehr mager, schließlich sind die Tiere ständig unterwegs und stehen nicht im Stall herum wie fette Hausschweine. Normale Fleischstücke sollte man deshalb wie gute Steaks behandeln, also sehr heiß und kurz aúf beiden Seiten angrillen, dann abseits bei niedriger Hitze gar ziehen lassen.
Welche Würzmischung man für gegrilltes Wildschweinfleisch verwenden sollte, bleibt natürlich jedem selber überlassen. Klassisches Wildgewürz mit Piment, Lorbeer, Thymian und ein bisschen Zimt geht ebenso, wie scharfe Eigenkreationen.
Im nachfolgenden Rezept habe ich uns eine Jerk-Würzmischung gemacht, wie sie in der kreolischen Küche gerne verwendet wird. Ansonsten gab es nur Brötchen (Buns) und eine Thailändische Erdnusssoße um den Grillabend ganz einfach zu halten.
Auf dem Foto oben sieht man ein gutes Kilostück einer Wildschweinkeule, das nach der Verwendung des Großteils der Keule an anderer Stelle noch übrig war.
Wildschweinfleisch für den Grill vorbereitet. Mit einer Gewürzmarinade präpariert, mit Speck umwickelt und gebunden kommt es für etwa 3-4 Stunden in den Grill
Das Stück unten ist das Blatt, das nach dem Auslösen noch gute 1,3 kg wog und ebenso wie das Keulenstück mit durchwachsenen Speckscheiben (600 Gramm) gebunden wurde. Vor der Verarbeitung und Umwicklung mit Speck lag das Fleisch noch für gute zwei Stunden in der Würzmischung nach Steve Raichlen, die aus folgenden Zutaten bestand:
Jerk-Würzmischung für das Wildschweinfleisch
* 2 Chilischoten
* 1 Bund Frühlingszwiebeln
* 2 TL Piment, fein gemahlen
* 2 kleine Zwiebeln
* 2 Knoblauchzehen
* 3 EL Limettensaft
* 3 EL brauner Zucker
* 1 EL feingehackte Ingwer
* 2 TL getr. Thymianblättchen
* 3 EL Rapsöl
* 3 EL Sojasauce
* 2 EL Salz
* 1 TL Pfeffer
Alle Zutaten werden in einen kleinen Mixer gegeben und fein püriert. Das Fleisch darin für mindesten 2 Stunden ruhen lassen.
Nach der Umwicklung mit Speck und Küchengarn verbrachte das Wildschweinfleisch gute drei Stunden bei indirekter Hitze von 90-95 Grad im geschlossenen Grill. Welches Stück nun besser war, darin waren sich die Gäste nicht einig. Während ich das gerollte Fleisch des Blattes etwas saftiger fand, plädierten die meisten Gäste für das Stück aus der Keule.
Eine traditionelle Beilage in Süd-Ost-Asien zu Fleisch ist Erdnuss-Soße, für die es bestimmt so viel Rezepte gibt, wie Straßenköche in den Straßen Bankogs sitzen.
Thailändische Erdnusssoße
* ca. 100 g grobe Erdnussbutter
* ca. 75ml Kokosmilch (Dose)
* 2 Teelöffel frisch geschälte Ingwer, fein gehackt
* 1-2 Chilis
* 1 Knoblauchzehe, zerdrückt
* 2 EL Sojasauce oder Fischsauce
* 1 EL Limettensaft
* 2 Frühlingszwiebeln (weiße und grüne Teile)
* 2 TL Zucker
* einige Zweige Koriander (gehackt)
* Pfeffer aus der Mühle
Zubereitung: Ingwer, Chilis, Knoblauch und die Frühlingszwiebeln fein hacken und in etwas Kokosmilch für circa fünf Minuten köcheln. Die Fisch- oder Sojasauce hinzugeben, den Limettensaft, die Erdnussbutter, den Zucker und den Koriander und weitere 5 Minuten köcheln. Die Soße sollte eine cremige Konsistenz haben. Vor dem Servieren abkühlen lassen.
Wildschweinfleisch. Hier das Blatt
Weitere Rezepte mit Wildschwein in diesem Blog:
– Wildschweinbraten aus der Keule – Niedertemperatur gegart
– Wildschweinleber-Parfait im Glas
– Wildschweinrücken mit Pfefferkrokant
– Toskanischer Wildschweintopf mit Ciabatta-Knödeln
– Rhabarbersalat mit Wildschweinleber und Bärlauch-Kartoffelstampf
– Wildschweinkeule und Semmelknödel
– Außerdem: Streit um Wildschweinplage im Wald
Mehr vom Wild:
– Hirsch mit Kirsch – Schmeckt aber auch mit Reh!
– Waidmannsheil – Rehrücken nach Christian Jürgens
– Rehmedaillons aus der Keule mit geschmorten Rosmarin-Pflaumen
– Rehrücken mit Sellerie-Kartoffel-Püree und Rosenkohlblättchen
Hallo,
vielen Dank für diese gute Rezeptidee. Ich hab ein ausgelöstes Blatt bekommen (1,3 kg) und werde es am Drehspieß auf meinem Thüros 2 grillen.
Und dann werde ich mich der in der Gefriertruhe danebenliegenden Keule widmen….. Beides vom Überläufer.
über diesen sehr interessanten und informativen Blogbeitrag von dir wird sich der Grillmeister bei uns sehr freuen.
Danke dafür. :-)
Hallo Eva,
und wenn der Grillmeister auch das noch gelesen hat,
https://aus-meinem-kochtopf.de/2014/streit-um-wildschweinplage-im-wald/
dann schmeckt das Wildschweinfleisch gleich noch viel besser.
Gruß, Peter
Klasse, das kommt gleich auf die Merk-Liste! Das Fleisch vom Blatt (Reh) verwende ich meist für Ragout oder Gulasch, nachdem wir aber einen Wild-Metzger ausfindig gemacht haben wirds nun auch immer mal Wildschwein geben und deine Keule find ich ganz fantastisch.
Neulich hatten wie nach Saltimbocca- Art, flambiert, eigentlich auch ganz einfach und sooo gut!
Saltimbocca-Art? Das klingt sehr interessant. Und auch noch flambiert…!
Hast Du das schon verbloggt?
nee, aber das kriegst du hin; Schnitzel schneiden aus der Keule, Salbeiblatt und Schinken (wir hatten dalmatinischen) drauf, zuklappen,sanft anbraten, flambieren, Kräuterbutter drauf und genießen….
Mein lieber Peter, für dieses Gericht, für die Zubereitung und für deine Erklärungen zum Wildschweinefleisch bekommst Du von mir 100 Punkte, ohne wenn und aber.
Große Klasse!
VG
Paul
Das freut mich sehr Paul !