Aus diesem Buch wird man so schnell nicht schlau. „Pino Persico“ steht sehr groß auf der Titelseite. So als müsste man den Mann kennen. Darunter steht, schon etwas kleiner, „Kalabrien Nürnberg Mallorca“, was mich als Nürnberger natürlich neugierig macht. Erst in der dritten Zeile steht „Das Kochbuch“.
Was beim durchblättern des großformatigen Bandes (256 Seiten, 25×29 cm) sofort auffällt, sind die fantastischen Fotos von Marc Rehbeck, die, obwohl sie bunt sind, in einem erdigen Braunton gehalten sind, ohne nur einem einfachen Sepia zu entsprechen.
Die Fotos stellen einerseits eine sehr schöne optische Beziehung zur sicher oft verbrannten Erde Kalabriens her, andererseits erinnern sie sofort an die uralten bräunlichen, Schwarz-Weiß-Fotos unserer Großeltern, die sicher jeder von uns in einer Fotokiste aufbewahrt.
Alle Fotos stellen schöne Menschen dar, natürlich Pino selbst, aber auch seine Lebensgefärtin (Estefania Küster, Ex-Freundin von Dieter Bohlen), seine Köche, seine Kellner, seine Pokerrunde, seine Mutter, seine Oma (?), und wenn Personen dabei sind, die nicht schön sind, so sind es zumindest Originale. Diese wirken alle, als hätten sie eben erst ein Casting zu einem weiteren Teil des Mafia-Filmes „Der Pate“ mitgemacht, und man denkt unweigerlich an die Darsteller in alten Sergio Leone-Filmen.
Ist es also ein Fotoband?
Beginnt man die Einleitung zu lesen, so erfährt man, recht holprig und sprunghaft erzählt, die Lebensgeschichte des weißhaarigen Mannes. Er ist noch keine 50 Jahre alt – da fragt man sich, warum jetzt schon die Biografie als Buch vorliegen muss.
Für die fränkischen LeserInnen immerhin interessant: Pinos Wirken im Frankenland (er ist ein Cousin von Pino Fusaro) begann 1977 in Feucht, bzw. in Neumarkt, er machte am Marktplatz in Heideck sein erstes Lokal auf, betrieb den Golfclub in Lauterhofen, das „Blaue Haus“ in Hersbruck und neben weiteren Stationen das „Café Central“ in Nürnberg, bevor es ihn nach Mallorca verschlug. Promiwirt wurde er manchmal schon in Nürnberg genannt. Promiwirt ist er auch jetzt.
Was der ganzen Einleitungs-Geschichte fehlt, ist jegliche Art von Humor, sowie irgendwelche unterhaltsame Anekdoten aus dem Einwandererleben des Mannes. Stattdessen bekommt man kleine Häppchen Nachhilfeunterricht in deutscher Nachkriegs- und RAF-Geschichte serviert.
Ist es also ein Geschichtsbuch?
Auf Seite 64 geht es dann endlich mit den Rezepten los. Das Register liest sich wie die Speisekarte beim guten Italiener um die Ecke, die Speisenfolge in dem Buch bleibt ebenso linear. Man beginnt mit den Antipasti und schließt mit „Dolce“, also den Desserts. Als kleine Bereicherung dienen einige Gerichte, wie man sie auf Mallorca serviert bekommt.
Im Rezeptteil wird immerhin verraten, wie man bei „Pino“ früher – oder jetzt im „Campino“ auf dem mallorquinischen Golfplatz (wo der Promikoch derzeit wirkt) – das Vitello Tonnato herstellt. Die Seite, auf der erklärt wird, wie man Pimientos de Padrón zubereitet, scheint mir dagegen gänzlich überflüssig. Auf sechs (!) Seiten wird ausgebreitet, wie „Lasagna alla Bolognese“ (immerhin mit Nudelteigrezept) hergestellt wird. Auch hier rettet der Fotograf mit seinen ganzseitigen Ablichtungen das Gesamtwerk.
Die Rezepturen sind alle sehr einfach, man könnte auch sagen ursprünglich. Was ja prinzipiell kein Nachteil sein muss, denn Spaghetti „aglio, olio, peperonico“ bestehen nun mal nur aus Pasta, Knoblauch, Öl und Peperoni. Was auch hier fehlt, ist eine pfiffige Kombination, eine Zutat die die Tradition aufbrechen würde, eine Rezeptur die zum Probieren oder Nachkochen reizt, kurz ein Aha-Effekt.
Dieser folgt dann doch noch auf Seite 222. Denn hier wird erklärt wie man „Salsicce di Norimberga con crauti“ zubereitet. Ein derartiges Rezept als Reminiszenz an seine alte Heimat in das Buch zu packen fand ich nun wirklich witzig. Für alle die mit dem Namen des Gerichts nichts anfangen können: Es handelt sich um Nürnberger Rostbratwürste mit Sauerkraut.
Es ist also doch ein Kochbuch.
Allerdings in erster Linie ein Kochbuch, das sich speziell an Menschen wendet, die Giuseppe (Pino) Persico persönlich kennen und sich an schönen Fotos laben wollen. Oder es wendet sich an Leute, die es satt haben ihre italienischen Gerichte immer von der Pizzeria um die Ecke zu bestellen und nun endlich einmal selber kochen wollen.
Italienisch für Anfänger.
Erschienen ist das Buch in der Collection Rolf Heyne.
Zu loben gibt es wieder die gewohnt gute Qualität des Gesamtproduktes.
Originalfotos: Marc Rehbeck
Buch bei Amazon bestellen:
Pino Persico.
Das Kochbuch: Kalabrien. Nürnberg. Mallorca
Das sieht mir auch zu schischi aus. Ein bißchen nach Personenkult.
Bekommst du für die Werbung das Buch oder ist das frei selbstgewählt?
Es ist ein frei gewähltes Rezensions-Exemplar.
Hat mich einfach interessiert.
Ich habe in Köln auch in diesem Buch geblättert. Hat mir nicht gefallen, zu gestellt. Kam mir etwas vor wie ein Modemagazin.