Bereits seit 1995 bewege ich mich im Internet. Nach der Anschaffung meines ersten 28k-Modems lernte ich mit dem damals noch revolutionären Browser Netscape die bunte Welt des Webs kennen. Es gab noch die virtuellen Welten von Compuserve, AOL war eine echte Größe im Netz und die Deutsche Telekom fast alleine dafür zuständig, die Bundesbürger mit dem nötigen Equipment auszustatten. Das pfeifende Modem lieferte zuerst BTX-Zeilen, bevor man ins „richtige“ Internet wechseln konnte.
Auf allen Webseiten, die etwas auf sich hielten, gab es damals farbige Hintergrundtapeten und selbstverständlich wackelnde Animationen, die in den folgenden Jahren zu Werbezwecken professionalisiert wurden. Ab, bzw. seit 1996 bin ich selbst ein Mitarbeiter des weltweiten Projekts Internet, verbreite täglich eine Unmenge Worte und massenweise Pixel darin und beobachte seine Entwicklung teilweise mit Wehmut.
Sofakauf? – Einkauf im Internet
Inzwischen hat das Internet ganze Branchen auf den Kopf gestellt (oder ist noch dabei), so zum Beispiel die Zeitungsverlage dieser Welt, oder auch den Buchhandel, die Musikindustrie und denkt man nur an Zalando, sicher auch die Läden der Modebranche.
Das neueste Ziel großer Investoren ist es, nun sogar den Möbelhandel zu revolutionieren, denn seit Anfang 2012 gibt es eine Webseite, die derzeit mit einer beispiellosen Werbeaktion im Internet auf sich aufmerksam macht. Zu kaufen gibt es dort Sofas & Couches, Wohnwände, Betten, Kleiderschränke, ganze Schlafzimmer, Badezimmermöbel, Esstische, Essgruppen und selbstverständlich die passenden Stühle.
Obwohl viele meiner Freunde und Bekannten zu den sogenannten Bedenkenträgern gehören, was die Datensammelwut der meisten Onlinedienste angeht, hatte ich in den vergangenen Jahren persönlich nie das Gefühl, die Datensammler könnten mit der Masse aller, und speziell meiner Daten (die zu sammeln sie bisher immerhin gute 17 Jahre Zeit hatten) auch etwa vernünftiges anfangen. Zwar schlägt mir Amazon schon seit etlichen Jahren unverdrossen Bücher und CDs vor, die mir gefallen könnten, deren Trefferquote liegt aber kaum besser als bei zehn Prozent. Was allerdings auch an meinem eigenwilligen Geschmack liegen könnte.
Werbung auf mich zugeschnitten
Auf der erwähnten Webseite habe ich schon nach Big-Sofas und Lampen gesucht, Salat- bzw. Dessertschüsseln, Eisdrücker, Servietten- und Servierringe angeschaut.
Was ich nun wirklich fasszinierend finde, ist die Tatsache, dass ich seit jenem Zeitpunkt exakt diese Produkte in den Werbemitteln angeboten bekomme, die ich mir etwas näher angesehen habe. Und das auf allen Webseiten dieser Welt, in denen die genannte Werbeaktion läuft. Und das sind derzeit wirklich viele.
Die Genauigkeit, die die Werbetreibenden scheinbar erreicht haben, beunruhigt mich allerdings keineswegs. Denn wenn schon Werbung auf Webseiten sein muss – und das muss sie – solange der User nicht bereit ist, für Inhalte die er dort konsumiert zu bezahlen, sollten mir wenigstens Dinge angeboten werden, die echt mein Interesse wecken. Und das gelingt den Leuten dort sehr gut. Sie haben mich also – und ich die erste Bestellung im Haus!
Im übrigen liebe Werbetreibenden: Was hilft mir Werbung für einen Pizza-Lieferservice, wenn ich doch einen Kochblog betreibe, und versuche die Leute wieder an den Herd zu bekommen?
Tja, wenn SIE dank Targeting DICH jetzt auch schon haben, wird wohl irgendwann kein Händler noch Freude daran haben, etwas zum Anfassen in den Laden oder ins Schaufenster zu legen. Amazon und Co freut sich über die Veränderung der Infrastruktur, an der wir selber arbeiten.
Da hast Du wohl recht Herwig, allerdings bezog sich die Überschrift mehr auf die Trackingkünstler.
Weniger auf den Einkauf selbst.
Mit leckerem Gruß, Peter
Fein beobachtet :-)