Zwei einsame Menschen auf dem Weg in die Ungewissheit. So wie derzeit hunderttausende von Flüchtlingen
Blogger können echte Nervensägen sein. BloggerInnen übrigens auch. Food-Blogger – wie ich selbst einer bin – geben zum Beispiel gerne damit an, wie toll sie kochen und anrichten, oft auch fotografieren können.
News-Blogger dagegen nerven manchmal, weil sie sich einbilden, Nachrichten entdeckt zu haben oder gar deren Eigentümer zu sein. Wenn in Gostenhof (Multi-Kulti-Stadtteil in Nürnberg) ein Dachziegel auf einen türkischen Gemüsestand fällt, dabei eine Melone und drei Auberginen ums Leben kommen, dann ist das eine Meldung, die dem Blogger, der zuerst davon gehört und darüber geschrieben hat, persönlich gehört.
Technik Blogger nerven, weil sie jede technische Neuerung – lange vor mir selbst – und auch noch kostenlos, in die Finger bekommen!
Richtig nerven tun dann noch die Kosmetik-BloggerInnen, die seitenweise über Lippenstift Farben und Nagellack schwadronieren können. Dazu zeigen Sie manikürte Fingernägel im Detail, glänzende Lippen und klimpernde Augendeckel samt bepinselter Wimpern. – Ich habe nichts von all dem vorzuweisen!
Zusätzlich nerven sie dadurch, dass sie (gefühlt) die größte, unkritischste, Leserschar hinter sich haben. Was sie am besten anziehen sollen, haben Sie von den ModebloggerInnen erfahren. Die haben auch ein sehr ausgeprägtes Nerv-Gen.
Dann gibt es da noch die Social-Media und Social-Marketing BloggerInnen, die mir alle täglich aufs Neue erzählen, wieviel Zeit ich zusätzlich bei Facebook, Twitter und Instagram verbringen muss, um endlich richtig erfolgreich zu sein. Mit diesem, meinem eigenen Blog.
Es gibt de facto kein Thema, zu dem es nicht eine bunte Schar von Bloggern gibt, die versuchen, uns Ihre Hobbys in Wort und Bild – und ganz besonders schlimm (weil meine kurze, verbleibende Lebenszeit sinnlos verschlingend) – im Video nahe zu bringen!
Das Gute an den Blogs: man muss und kann sie nicht alle lesen. Aber hinter jedem Blog steht ein Mensch. Meistens mit seinem Gesicht und einer Meinung. Ich lerne sie/ihn im Lauf der Zeit kennen, hassen oder schätzen. Dann besuche ich seinen oder ihren Blog wesentlich häufiger.
Die Gesichter der Blogger machen häufig den Unterschied zur normalen Presse aus. Die zeigt nur wenig Gesicht und sprang in letzter Zeit auf den falschen Themen herum, anstatt uns die Welt und das Flüchtlingsproblem vernünftig zu erklären.
#BloggerFuerFluechtlinge wirkt als Anschub
Deshalb passiert es manchmal (obwohl sie ein bisschen nerven), dass hunderte von BloggerInnen plötzlich die Presse vor sich her treiben.
So geschehen Mitte August 2015.
Die Zeitungen druckten noch Zitate hilfloser PolitikerInnen zum Flüchtlingsstrom, dem rechten Mob wurden viele Spalten in den Blättern leer geräumt. Dieser versuchte lautstark und unappetitlich den Flüchtlingen auf seine Weise zu begegnen. Doch da ging bereits ein Ruck durch Deutschland.
Gewinnt die Menschlichkeit?
Überall gab und gibt es tausende von freiwilligen Helfern, die sich von der unglaublichen Dummheit der rechten Szene nicht abschrecken lassen will. Die reine Menschlichkeit drückte Deutschland ihren Stempel auf.
Mit Sigmar Gabriel stellte sich endlich ein Spitzenpolitiker vor die Kameras und nannte Dinge gegen den braunen Mob beim Namen, die schon sehr lange überfällig waren.
#BloggerFuerFluechtlinge liefert berits 318.000 Google-Treffer
Auch durch die Szene der Blogger ging zu diesem Zeitpunkt ein Ruck, speziell als vier relativ bekannte BloggerInnen dazu aufriefen, zunächst speziell in Berlin, endlich etwas zu tun.
Die Aktion #BloggerFuerFluechtlinge wurde von meinen Blogger-Kollegen Paul Huizing, Nico Lumma, Stevan Paul und Karla Paul ins Leben gerufen.
Dieser erste Aufruf führte zu einer Initialzündung. Sehr viele Menschen die einen Blog schreiben – egal zu welchem Thema – streiften daraufhin ihre Untätigkeit und vor allem ihr Schweigen ab.
Spöttische Zeitgenossen werden vielleicht einen Herdentrieb diagnostizieren, aber plötzlich gab es hunderte von Postings die sich mit dem schwierigen Thema Flüchtlingshilfe auseinander setzten.
Diese erreichten wiederum Hunderttausende von Lesern, die Medienmacht der braun eingefärbten Holzköpfe wurde schnell von der Spitze verdrängt.
Es gibt inzwischen sowohl überregionale, als auch regionale Facebook-Gruppen mit tausenden von Mitgliedern, in denen Hilfe zur Hilfe gegeben wird. Die Bürger organisieren sich, jede gute Tat findet pfiffige Nachahmer.
Auch dank der Aktion #BloggerFuerFluechtlinge. Deshalb: Ein Lob den Blogs!
Durch sie können immer neue Hilfsprojekte finanziell unterstützt werden. Spenden einzuzahlen geht hier sehr schnell über verschiedene Online-Zahlungssysteme.
Hilfsbereitschaft, Menschlichkeit und Großzügigkeit vieler Spender werden hoffentlich weiter anhalten, denn es ist keine Kleinigkeit, die vorhergesagten 800.000 Flüchtlinge (alleine in Deutschland) in diesem Jahr menschenwürdig unterzubringen.
Alleine mit Spenden ist es nicht getan und mit Sicherheit wird es an verschiedenen Stellen zu Problemen kommen. Inzwischen gibt es Aufrufe und Bestrebungen, die Aktion #BloggerFuerFluechtlinge in das europäische Ausland zu tragen.
Wer könnte das besser, als etliche meiner lieben Blogger-KollegInnen, die mich damit echt kein bisschen nerven werden.
Blogger für Flüchtlinge – #BloggerFuerFluechtlinge
„Blogger für Flüchtlinge“ sammelte ursprünglich Spenden um diese dem Berliner Verein Moabit hilft zukommen zu lassen.
Wegen der überwältigenden Resonanz auf die Initiative #BloggerFuerFluechtlinge kommen eingehende Spenden nun vielen verschiedenen Projekten in ganz Deutschland zu.
Daher bitte ab sofort hier spenden! http://bloggerfuerfluechtlinge.betterplace.org
Spenden an die Initiative einzuzahlen funktioniert auf der Webseite sehr einfach. Selbstverständlich stehen verschiedene Optionen zur Verfügung. Online-Überweisung, Kreditkarte, PayPal und GiroPay sind die Zahlungsmöglichkeiten.
Vielen Dank für das Lob. Ich finde es auch ganz toll, wie viele Blogger sich beteiligt haben und es hoffentlich noch tun werden.
Viele Grüße
Ann-Bettina
Hallo,
wunderbar geschrieben. Vielen Dank für diesen witzigen Beitrag.
Genauso habe ich das auch empfunden. Das war eine gute Idee, die was bewirkt hat. In den Köpfen und Herzen ist viel hängengeblieben. Vielleicht sogar bei denen, die bisher dazu eine andere Meinung vertreten haben. Man soll ja die Hoffnung nie aufgeben :-)
Die Aktion hat jedenfalls enorme Wirkung. So ganz hatte ich am Anfang nicht daran geglaubt. Umso erfreuter bin ich, dass das mal so richtig gut geklappt hat – über alle Themengrenzen hinweg.
Herzliche Grüße
Horst
Danke für die Blumen ;-)