Streit um Wildschweinplage im Wald

Wildschweinplage. Eine Rotte im Juli

Es gibt zwei Zahlen die in Deutschland enorm zunehmen. Die eine Zahl ist die Menge der Wilden Schweine, die sich inzwischen zur echten Wildschweinplage auswachsen. Die zweite Zahl ist die Menge der Vegetarier, die zwar unauffällig unter uns lebt, aber bestimmt Mitschuld daran trägt, dass es erstere Plage überhaupt gibt.

Nach einer Untersuchung der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) in Nürnberg hat sich die Zahl der vegetarisch lebenden Menschen seit 1983 mehr als verfünfzehnfacht. Mittlerweile gibt es rund sieben Millionen Vegetarier in Deutschland, also circa 8-9 Prozent der Bevölkerung. Um die 800.000 Menschen davon ernähren sich sogar vegan, Tendenz steigend.

A N Z E I G E

Die Zahl der Wildschweine festzustellen ist wesentlich schwieriger. Fakt ist aber, es gibt zu viele davon. Würde nur jeder zwanzigste Vegetarier hin und wieder wie Obelix ein Wildschwein aus dem Wald schleppen . . . – Aber Scherz beiseite!

Bevor es im nächsten Rezept um die gegrillten Teile unseres Wildschweins geht, steht noch eine Abfrage im Internet.

Diesmal auf der Webseite des Bayerischen Landtages, wo man nach ein bisschen Gestöber auf ein Dokument mit einem Beschluss des Bayerischen Landtags aus dem Juli 2010 stoßen kann, in dem es um die „Effiziente Reduktion überhöhter Schwarzwildbestände“ geht.

Wildschweinplage. Wildschweine im April
Von Wildschweinplage ist hier noch nichts zu sehen. Ein paar Wildschweine im April. Der Rest der Rotte ist aber in der Nähe.

Dieser Beschluss ist nun ziemlich genau vier Jahre alt und vor wenigen Tagen war es wieder so weit: Niels Hahn, ein vom Landwirtschafts-Ministerium beauftragter Jagdfachmann, legte im Agrarausschuss des Landtags seinen Bericht vor. Hahn stellt darin fest: „Den Wildschweinen geht es im wahrsten Sinne des Wortes saugut“. Seit Bären und Wölfe ausgerottet seien, hätten die Schwarzkittel keine natürlichen Feinde mehr.

Die Wildschweine können allerdings nichst für die paradiesischen Zustände in denen sie heute leben. Die letzten Winter waren mild und die Bauern pflanzen Mais und Getreide heute gerne bis nahe an den Waldrand, was jeder Wildchweinrotte die Möglichkeit gibt, mitten in der Nacht sofort aus dem Wald ins Feld zu trampeln, wo sie dann gar nicht mehr zu finden, dafür aber pappsatt gefressen in den Wald zurückkehren können.

Den angerichteten Schaden nimmt der Bauer erst am nächsten Tag zur Kenntnis und die Jäger sagen, es sei schließlich nicht lustig auch im Winter mitten in der Nacht auf einem Hochsitz zu lauern um der schlauen Bache mit gezieltem Schuss wenigstens einen ihrer Nachkommen aus der Rotte zu nehmen. Kommt das zu oft vor, meiden die schlauen Tiere sogar die Futterplätze an denen solches geschieht.

Niels Hahn schloss in seinem Bericht die Jäger trotzdem nicht aus und sagte etwas von „fehlendem Wissen und Egoismen in der Jägerschaft, gegenseitigen Schuldzuweisungen und mangelhafter Kommunikation von Jägern, Bauern, Förstern und Behörden.“ Freunde hat er sich mit diesen Worten nicht viele gemacht.

Prof. Dr. Jürgen Vocke, seines Zeichens Vorsitzender des Bayerischen Jagdverbandes (BJV) meinte dazu auf der Webseite des Vereines: „Enttäuscht sind wir, weil aus einem dreijährigen Projekt, das rund 365.000 Euro verschlungen hat (die von den Jägern aufgebracht wurden), keine wirklichen Erkenntnisse für die Praxis hervorgehen. – Verärgert sind wir, weil die gesamte Jägerschaft und alle Beteiligten vor Ort, so hingestellt werden, als hätten sie die Entwicklung verschlafen. – Gegen eine solche Darstellung in einer öffentlichen Sitzung im Landtag verwehren wir uns in aller Form!“.

Wildschweinrotte im Juni
Wildschweinrotte im Juni

Esst mehr Wildschwein! Kampf der Wildschweinplage?

Wer nach Überschriften in den Zeitungen sucht, die sich mit dem Thema Wildschweinplage beschäftigen, findet schnell kurzweiliges, was die schlauen Tiere so alles treiben. Zum Beispiel wurde 2013 in Aue an einem hellen Vormittag eine Bache und vier Frischlinge gesehen, die durch das Gelände einer leeren Besteckfabrik zogen. Andernorts wurde ein ganzer Sportplatz von einer Rotte umgegraben.

In Baden-Baden und Mannheim sorgten Wildschweine schon für erhebliche Schäden in Gärten und im Straßenverkehr und die WELT berichtete kürzlich „Wildschweine legen stundenlang die Autobahn lahm„.

Unser junger Freund Jonas ist inzwischen mit einem Jagdschein ausgestattet und kann nahe Hersbruck seinem neuen Hobby fröhnen. Er nähert sich der Wildschweinplage systematisch und mit Hightechgerät. Er hat mir freundlicherweise die hier zu sehenden Fotos überlassen, die er in exorbitanter Zahl nachts mit einer Spezialkamera im Wald geschossen hat.

Nachweisen kann er mit seinen Fotos zwei Rotten von jeweils um die 30-35 Wildschweinen, die alleine in dem kleinen Jagdgebiet von etwa 100 Hektar zu leben scheinen, in dem er selbst jagen darf. Bei uns wird Wildschwein deshalb in nächster Zeit noch öfter in Pfanne, Grill oder Ofen landen.

Die Wildschweinplage bringt uns gutes Fleisch in die Küche

Wildschwein stand früher nur an Festtagen auf den Speisekarten der Gaststätten und Restaurants. Wer Pech hatte, erwischte auch noch das Fleisch riesiger Keiler, das nur genießbar war, wenn man es vor der Zubereitung tagelang einlegte und selbst dann war der typische Geschmack nicht jedermanns Sache. Heute bekommt man durch die veränderte Marktlage ohne Probleme das Fleisch von sogenannten Überläufern, als Fleisch von Tieren, die gerade mal ein Jahr alt sind.

Deren Fleischgeschmack unterscheidet sich enorm von dem, was man von früher kannte. Es ist wesentlich zarter, feiner im Geschmack und benötigt keine Extra-Behandlung mehr vor der Zubereitung. Wildschweinfleisch ist auch sehr mager, worauf man bei der Zubereitung unbedingt achten muss.

Die jährliche Abschusszahl bei Wildschweinen hat sich übrigens seit 1980 mehr als verzwanzigfacht, von knapp 3000 auf fast 66.000 Tiere in der Jagdsaison 2012/13.

Wildschweinplage. Teil einer größeren Wildschweinrotte im Juni
Wildschweinrotte im Juni. Selbst die Bache sieht noch sehr jung aus, trägt aber schon zur Wildschweinplage bei

Rezepte mit Wildschwein in diesem Blog:

Wildschweinbraten aus der Keule – Niedertemperatur gegart
Wildschweinleber-Parfait im Glas
Wildschweinrücken mit Pfefferkrokant
Toskanischer Wildschweintopf mit Ciabatta-Knödeln
Wildschweinkeule und -blatt gegrillt
Rhabarbersalat mit Wildschweinleber und Bärlauch-Kartoffelstampf
Wildschweinkeule und Semmelknödel
– Außerdem: Streit um Wildschweinplage im Wald

Hier noch die Wildschweinplage in der ARD-Mediathek. Da TV-Sender Ihre Produktionen nur ein Jahr online stellen dürfen, wird der Link irgendwann nicht mehr funktionieren.


Eventuell dazu passende Beiträge

Toskanischer Wildschweintopf mit Ciabatta-Knödeln

Toskanischer Wildschweintopf mit Ciabatta-Knödeln

Fast zwei Jahre ist her, dass ich über die Wildschweinplage in deutschen Wäldern berichtet habe. Wie wir von unseren befreundeten Jägern Jonas und David wissen, hat sich an der Situation seither kaum etwas geändert. Obwohl Wildschwein bei uns inzwischen relativ oft auf dem Speiseplan steht.

Wildschweinkeule, Rosenkohlblättchen und Semmelknödel

Wildschweinkeule, Rosenkohlblättchen und Semmelknödel

Die ursprünglich viel größere Wildschweinkeule ist ausgelöst und ein Teil davon (1,25 kg) zum kompakten Stück gebunden. Das Fleisch wurde bei 100 Grad für vier Stunden in den Ofen geschoben (Niedertemperatur-Garen). Dazu Rosenkohlblättchen und Semmelknödel in Folie.



2 Kommentare zu “Streit um Wildschweinplage im Wald”

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