Alle Fotos: © mindjazz-pictures
„Nach oben zu kommen ist sehr schwer, aber oben zu bleiben noch viel schwerer.“ Diesen Satz sagt die nachdenkliche Ginette Bras in dem Dokumentationsfilm von Paul Lacoste über die Familie Bras: „Entre Les Bras“. Denn das Leben der Familie Bras in Zahlen liest sich wie die Beschreibung einer Erstbesteigung eines Berges. Stete Kontinuität in Richtung des Gipfels, der von Michel Bras bereits 1999 mit dem dritten Stern eingenommen wurde.
Das Restaurant der Familie findet man in den Aubrac-Höhen im südwestlichen Teil des Zentralmassiv Frankreichs, einer Gegend die meist über tausend Meter hoch liegt, die wenig bewaldet, und durch seine robuste Hausrindrasse, das Aubrac-Rind bekannt ist. Auch hier könnte Gott leben, wenn er in Frankreich weilt, so schön ist es hier.
Schon die Eltern von Michel Bras führten ein Restaurant in der kleinen Ortschaft Laguiole, und im Jahr 1982 verlieh der Guide Michelin dem Restaurant „Lou Mazuc“ bzw. dessen Chef Michel Bras einen ersten Stern. Bis zum zweiten Stern dauerte es weitere fünf Jahre. Noch im selben Jahr, also 1987, wurde Michel Bras vom Gault et Millau mit 19,5 von 20 möglichen Punkten zum Koch des Jahres ernannt.
Die Familie Bras investierte und erbaute nun oberhalb der Ortschaft, auf einem Hochplateau, ein architektonisch beeindruckendes Hotel-Restaurant mit herrlicher Aussicht, das „Le Suquet“, das 1992 eröffnet wurde.
Im Jahr 1999 war es dann endlich geschafft. Michel Bras wurde mit dem dritten Michelin-Stern ausgezeichnet. Im Jahr 2009, es wurde bereits seit über 30 Jahren auf Sterne-Niveau gekocht, war es an der Zeit, einen Nachfolger zu finden. Und da sein erster Sohn Sébastien schon seit über 15 Jahren mit ihm zusammenarbeitete, war ganz klar, dass er das Restaurant übernehmen wird.
Von dieser Übergabe des Restaurants, von den Überlegungen der ganzen Familie, sogar die Winzer der Region kommen zu Wort, vom Restaurant und nicht zuletzt von der herrlichen Landschaft mit den Produkten die die Aubrac-Region hervorbringt, handelt dieser unaufdringliche Film, der uns in langen, ruhigen Bildsequenzen vom Leben der Familie erzählt.
Ein toller Film: Entre les Bras
Jede Hektik, auch die in der Küche, wird ganz bewusst ausgeblendet. Man sieht Vater und Sohn beim Einkauf vor Sonnenaufgang, wo gewissenhaft alle Produkte geprüft, jede Tomate befühlt wird, bevor sie das Privileg bekommt, in der Küche des „Bras“, so heißt das Restaurant seit der Übernahme durch Sébastien, zubereitet zu werden.
In der Küche wird darüber diskutiert ob der Klacks Kichererbsenpüree zur Gänseleber am besten von links nach rechts auslaufen sollte, oder besser doch in die andere Richtung, was auch damit zusammenhängen könnte, ob der Koch Links- oder Rechtshänder ist. Am Ende wird ein Blatt Papier zu Hilfe genommen, um die unterschiedlichen Standpunkte von Vater und Sohn schriftlich zu fixieren, bzw. auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.
Gezeigt wird auch die Entstehung von Gerichten. Tief verwurzelt in der kulinarischen Tradition und Lebensart seiner Heimat kreiert Sébastien aus den Zutaten der Region köstliche Gerichte. Welche Gedanken führen überhaupt dazu, ein neues Gericht zu kreieren, welche Produkte stecken in der Grundidee, wie kann man sie neu kombinieren und versteht der Vater, was der Sohn damit sagen will?
Es ist faszinierend, was am Ende aus einer dicken Schicht Milchhaut, die Sébastien bei seiner Großmutter auf ein Stück Brot bekam, und auf die Schokolade geraspelt wurde, am Ende für sorgfältig komponierte Kunstwerke in der Küche entstehen.
Sébastien stellt sich unter dem kritischen Blick seines Vaters der Herausforderung seinen eigenen Weg zu gehen. Aber um genau zu sein, dieser leise Film handelt trotzdem nicht vom Kochen. Vielmehr ist es eine sensible Betrachtung, während eines ganzen Jahres, über die Weitergabe von Wissen und die Schwierigkeit loszulassen. Es geht um die entscheidenden Wendepunkte im Leben der beiden Köche. Um Distanzierung und Befreiung.
Dass „Entre les Bras“ (Orginalton mit deutschen Untertiteln) irgendwann zu Ende geht ist richtig schade. Aber schließlich hatte ich längst Hunger bekommen. Anschließen noch der Trailer des Filmes und eine Landkarte.
Zur Homepage des Films Entre les Bras gehts hier entlang: http://entrelesbras.de
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1 Kommentar zu “Film: Entre les Bras – 3 Sterne, 2 Generationen, 1 Küche”