Ob man in der Geisterstadt Bodie schon in Fotoalben geblättert hat? Wohl kaum! Damals machten die Leute keine Reisen und schon gar keine Fotos. Heute dagegen stößt man auf Erinnerungen an gemachte Reisen oder Festivitäten an denen man teilgenommen hat, auf seiner eigenen Festplatte.
Meine neuesten Fundstücke stammen aus der Geisterstadt Bodie, im ehemals wilden Westen Amerikas. Genauer aus der Sierra Nevada. Ja, ich weiß, es gibt auch eine Sierra Nevada im Süden Spaniens, aber von der ist hier nicht die Rede.
Die Sierra Nevada, die wir im Jahr 2012 durchfahren haben, ist ein Hochgebirge im Westen der Vereinigten Staaten, dessen kalifornischen Teil wir besuchten. Der höchste Berg der Sierra Nevada ist gleichzeitig der höchste Gipfel auf dem Festland der USA. Der 4421 m hohe Mount Whitney.
Natürlich war die Sierra Nevada in unzähligen Western auch herrliche Kulisse, und nachdem ich Western als Genre im Film sehr gerne mag, konnten wir den Teil, der noch richtig wild ist, ganz bestimmt nicht auslassen. Dabei gingen gleich jede Menge Vorurteile über Bord.
Hört man „Kalifornien“, denken ja viele Menschen, zumindest seit etwa 1972, als sein Song zum Welthit wurde, an die Textzeile von Albert Hammond: „It Never Rains in Southern California“. Dazu wird unser Bild noch von Filmszenen in San Francisco (wo es übrigens auch im Sommer selten wärmer als 25 Grad wird) und natürlich von Hollywood, der Hitze in Los Angeles und bekannten Stränden geprägt. Gibt es alles. Aber das ist nur ein kleiner Bruchteil Kaliforniens.
Tolles Museum in der kalifornischen Wildnis: die Geisterstadt Bodie
Im Landesinneren und speziell in der Sierra Nevada geht es anders zu. In der heute verlassenen, ehemaligen Goldgräberstadt „Bodie“, die auf einer Höhe von 2.554 Metern liegt und etwa 1861 gegründet wurde, gibt es im Winter bis zu drei Meter Schnee. Windböen mit bis zu 160 Stundenkilometern und Minustemperaturen, die nicht selten die 30 oder 40 Grad erreichen.
Im Jahr 1859 fand dort William S. Bodey erstmals Gold, starb aber schon kurz darauf in einem Schneesturm und so gründete seine Familie erst zwei Jahre später die Stadt mit dem seltsamen Namen. Ob der Name einem Schildermaler zu verdanken ist, der nicht so gut schreiben konnte, wie man es in seinem Gewerbe können sollte, oder die Verwechslung mit dem „Body“, also Leiche, von vornherein ausgeschlossen werden sollte, ist heute nicht mehr feststellbar.
Die Geisterstadt Bodie war damals wohl die Hölle!
Sicher ist aber, dass aus der heutigen Geisterstadt Bodie eine Hölle wurde. Die Einwohnerzahl stieg bis zum Jahr 1879 (also in gerade mal 18 Jahren) von 20 Personen auf etwas um die 10.000 Bürger. Es gab 65 Saloons in der Stadt, ein Rotlichtviertel mit diversen Bordellen, mehrere Zeitungen, ein Chinesenviertel mit einem taoistischen Tempel und einer Opiumhöhle, verschiedene Kirchen und natürlich auch drei Brauereien.
Unvorstellbar ist, wie damals all das, was die Menschen dort oben benötigten, in diese Wildnis geschafft werden konnte. Zwar half eine eigene Eisenbahn, deren Gleise 1917 wieder entfernt und verschrottet wurden, aber allein die alltägliche Beschaffung an Tonnen von Lebensmitteln für die in 30 Minen schwer schuftenden Goldgräber, ist heute kaum vorstellbar.
Hinter einem Haus in der Geisterstadt Bodie gefunden. Womöglich Konservendosen?
Dabei ist bekannt, dass die Chinesen ihre Küche zelebrierten, also Gemüsegerichte aus dem Wok verkauften. In der Main Street gab es neben anderen Hotels ein sehr schickes solches mit ausgezeichneter Küche, was sogar in der „Saga of Wells Fargo“ Erwähnung fand.
Es gab zahlreiche Grillrestaurants in denen es sicher auch schon die in Amerika so beliebten Steaks gab. Ob man dort ein T Bone Steak richtig braten konnte, spielte womöglich nur eine untergeordnete Rolle. Dafür gab es im „Maison Doree Restaurant“ die besten Wachteln in Aspik und in den guten Saloons gab es stündlich frische Sandwiches für die zahlreiche Kundschaft.
Ansonsten gab es Raubüberfälle, Einbrüche, Straßenduelle und jede Menge blaue Bohnen in der Stadt. Fast täglich waren Mordopfer zu beklagen. Ein Reverend konstatierte noch 1881, die Stadt sei: „ein Meer der Sünde, gepeitscht von den Stürmen der Lust und Leidenschaft“. Die Stadt galt lange Zeit als eine der wildesten und gesetzlosesten Städte des Westens und wirkte trotzdem wie ein Magnet der am Beginn des 20. Jahrhundert dann an Kraft einbüßte.
Es gibt noch eine zweite Geisterstadt Bodie
Der Goldpreis unterlag schon damals wilden Spekulationen und so gab es nach dem Hoch natürlich auch ein Tief. Ein weiterer Abbau lohnte sich nicht mehr und so zogen die Goldgräber und Glücksritter wieder von dannen.
Im Jahr 1932 zerstörte ein Großbrand die meisten Häuser, bis auf die, die noch heute da stehen. Das 1877 eröffnete Postamt schloss nach 65 Jahren seine Pforten, der Goldabbau wurde vollständig aufgegeben. Seit 1962 ist die Stadt ein „State Historic Park“ bei dessen Besuch man fünf Dollar Eintritt pro Person bezahlt.
Bemerkung zum Schluss: Es gibt eine zweite Goldgräberstadt und Ghost Town mit dem Namen „Bodie“. Diese liegt allerdings im US-Bundesstaat Washington. Sie wurde trotzdem vom gleichen Schicksal ereilt und dort sind nur noch sehr wenige zerfallene Häuser zu sehen.
Ein paar Eindrücke von dem historischen Ort
Die Geisterstadt Bodie liegt auf über 2.554 Meter über dem Meeresspiegel. Trotzdem ist es eine reizvolle Landschaft.
Eine recht gut erhaltene Geisterstadt, in der früher bis zu 10.000 Einwohner lebten und auch schnell starben.
Was immer man früher damit gemacht hat, jetzt ist es Schrott.
Schrott und Holzhäuser in großer Zahl.
Veranda okkupiert! Ob das Haus im Jahr 2013 noch stehen würde, schien mir damals nicht sicher.
Schönes Fahrzeug. Eines der beliebtesten Fotomotive hier. Man muss warten bis man dran ist.
Zentrale Einkaufsgelegenheit in der Geisterstadt Bodie.
Die Minengebäude von einst sind heute nicht mehr zugänglich.
Scheinbar holt sich die Natur die Rohstoffe des Autos irgendwie zurück.
Die einzige, übrig gebliebene Kirche in der heutigen Geisterstadt Bodie
Die gut gelaunte, beste Ehefrau von allen, mit dem Autor beim Späßchen mit Foto, Spiegel und Farbfiltern.
Einer von circa 65 Saloons in Bodie.
Ein Blick ins Innere des Saloons. Roulett-Tisch, Spielchips und Flaschenbatterie im Regal. Aufräumen wollte niemand vor der Abreise
Die Tankstelle in der jetzigen Geisterstadt Bodie
Hier sind immer noch Steaks auf vier Beinen im Gelände. Das Schild steht auf der Zufahrtsstraße nach Bodie.
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