Sie fragen sich, was die Zimtroulade (Biskuitroulade) mit dem Glück zu tun hat? Dazu muss ich ein bisschen ausholen. – Denn manchmal geht man an einem Geschäft, einem Café oder einem Restaurant vorbei und hat durch einen Duft, der von dort herausdringt, plötzlich ein ganz klares Bild von einem Gericht vor Augen. Womöglich sogar einen eindeutigen Geschmack auf den Knospen der Zunge, der uns schon seit ewigen Zeiten nicht mehr begegnet ist. Mir passiert das häufig!
Oft genügt es aber, nur ein Rezept zu lesen, schon habe ich sehr genaue Erinnerungen an eine vergangene Lebenssituation oder ich schmecke das fertige Gericht bereits beim Lesen der Zutaten. Dass es dann beim Kochen des Gerichts nicht gelingt, genau diesen wiedergefundenen Geschmack zu treffen, kommt eigentlich nie vor!
Das verwundert uns nicht weiter, denn Katzen können exzellent hören, Hunde erschnüffeln mit ihrer feinen Nase jede Spur. Aber den echten Genuss beim Essen, den hat nur der Mensch. Bei uns sorgen die Geschmacksknospen im Mund zusammen mit der Nase für Erlebnisse, die Tieren fremd sind.
Das Café Berger in Nürnberg und die kleinen Zimtrouladen
Eines dieser kulinarischen Déjà Vus hatte ich kürzlich. Zusammengetroffen sind dabei, ohne ihr eigenes zutun, Alfons Schuhbeck und ein bereits seit Jahrzehnten nicht mehr existierendes Café in der Nürnberger Königstraße, das Café Berger.
Als Wohlstandskind, aufgewachsen in den fetten Wirtschaftswunderjahren, war es mir als kleinem Knirps vergönnt, mit Mutter, Schwestern, Oma und Tanten so manchen Nachmittag im Café Berger zu verbringen. Auf den Tellern türmten sich damals herrliche Torten und Kuchen.
Nicht umsonst landete Udo Jürgens über ein weiteres Jahrzehnt später, 1976, einen seiner größten Hits: „Aber bitte mit Sahne“. Die hundsgemeine Spezies „Kalorie“ war damals scheinbar noch gar nicht erfunden.
Blümchen-Kaffee bei Tante Margarete
Cafés waren zu dieser Zeit noch voller Plüsch, roten Samt, geschnörkeltem Gestühl, Kristalllüstern und der Kaffee selbst wurde Kännchenweise getrunken. In den Schränken zuhause hatte man selbstverständlich Bohnenkaffee (was extra betont wurde), dazu Karlsbader Kaffeegewürz und hübsche Tassen mit Blümchenmustern.
War damals bei den Kaffeekränzchen der Tanten die zusammengebraute Plörre zu dünn, sprach man abfällig von deren „Blümchen“-Kaffee. Was bedeutete, dass man die Tassenbemalung am Grund der Tasse sehen konnte. Undenkbar, dass man damals Kaffee an jeder Ecke und auf den Straßen dieser Welt aus Pappbechern getrunken hätte.
Eine echte alte Blümchen Tasse für Blümchenkaffee zu Biskuitroulade
So sahen die Petit Fours im Cafe Berger früher auch aus.
… weiter mit der Zimtroulade. Biskuitroulade nach Alfons Schuhbeck.
Mein Lieblingsgebäck „beim Berger“ war in jenen Zeiten, neben den kunstvollen Petit Fours, die es mit ihren verschiedenen Cremefüllungen aber nur in der Faschingszeit gab, eine kleine, dunkle Zimtroulade, in der sich gewürztes Kirschkompott und natürlich Sahne befand. Drapiert war die Roulade auf einer schicken, weißen Ziehharmonika-Papiermanschette.
Jahre später wechselte das Café Berger den Besitzer. Es kam aus der Mode in plüschige Cafés zu gehen. Die nächsten Pächter gaben auf. Die Stadt war um eine Einrichtung mit Tradition ärmer. Eine Bäckerei-Kette zog ein. Der Geschmack der Zimtroulade verschwand aus meinem Leben und scheinbar auch aus meinem Gedächtnis.
Bis Duft und Geschmack vor einigen Wochen wieder auftauchte. Nämlich in Alfons Schuhbecks Kochbuch „Meine Küche der Gewürze“. Schon beim Lesen der Zutaten schmeckte ich die Zimtroulade des altehrwürdigen Cafés wieder, obwohl das Foto zum Rezept eine andere Form des Gebäcks darstellte.
Als die beste Ehefrau von allen, nur wenige Tage später, die frisch gebackene Zimtroulade zum Anschnitt freigab und ich das erste Stück kostete, da war ich wieder Kind. Und glücklich!
Das Rezept der Zimtroulade mit Kirschkompott folgt nach den Fotos….
Hier ist leider nur der Außenbereich des schönen Cafés sichtbar. Das Bild entstand 1991. – Foto: Michael Matejka
Rezept aus dem Schuhbeck-Buch: Meine Küche der Gewürze
Zutaten für die Biskuitroulade:
* 3 Eier
* 1 EL Vanillezucker
* 1 TL Zitronenabrieb (unbehandelt)
* Salz
* 60 g Zucker
* 60 g Mehl
* 2 gehäufte EL Zimt
* 60 g Mandelblättchen.
Zutaten für das Kirschkompott in der Zimtroulade:
* 200 g Sauerkirschen (TK oder Glas)
* 100 ml Kirschsaft
* 3 Blatt Gelatine
* 2 EL Zucker
* 100 ml Rotwein
* 2 EL roter Portwein
* ½ Zimtstange
* 1 kleine Gewürznelke
* ¼ Vanilleschote,
* 1 Zacken Sternanis (wirklich nur einen einzelnen Zacken!)
* 1 Streifen Orangenschale (unbehandelt)
Weitere Zutaten für die Füllung der Zimtroulade:
* 2 Blatt Gelatine
* 400 ml Sahne
* 2 EL Vanillezucker
* 30 g Zartbitterkuvertüre
Die Zubereitung der Zimtroulade:
Begonnen wird mit dem Kirschkompott!
❶ Für das Kompott die Kirschen in ein Sieb abgießen und abtropfen lassen, dabei den Saft auffangen. Die Gelatine in kaltem Wasser einweichen.
❷ Den Zucker in einem Topf goldbraun karamellisieren, mit dem Rot- und Portwein ablöschen. Die Gewürze und die Orangenschale hinzufügen und den Sud etwa auf die Hälfte einköcheln lassen.
❸ Den Topf vom Herd nehmen, die Gelatine ausdrücken und im Weinsud auflösen. 100 ml Kirschsaft abmessen und dazugeben. Den würzigen Kirschsud durch ein Sieb in eine Schüssel gießen (um die Gewürze wieder zu entfernen), die Kirschen hinzufügen und das Kompott abkühlen lassen.
❹ Das würzige Kirschkompott mindestens eine Stunde kühl stellen, bis die Gelatine ihre Aufgabe erfüllt hat.
Zweiter Teil der Füllung:
❺ Für den zweiten Teil der Füllung ebenfalls zwei Blatt Gelatine in kaltem Wasser einweichen. Von der noch flüssigen Schlagsahne 2-3 EL abnehmen, mit dem Vanillezucker in einen kleinen Topf geben und erwärmen. Die eingeweichte Gelatine zugeben und unter Rühren auflösen. Kühl stellen.
❻ Die restliche Sahne steif schlagen, dabei die nur noch lauwarme Mischung aus dem Topf mit der Gelatine langsam einfließen lassen. Kühl stellen.
Biskuitroulade backen:
❶ Den Backofen auf 200°C (Ober- und Unterhitze) vorheizen. Ein Ofenblech mit Backpapier auslegen.
❷ Die Eier trennen. Die Eigelbe mit dem Vanillezucker und dem Abrieb der Zitronenschale in einer Schüssel schaumig schlagen.
❸ Die Eiweiße mit einer Prise Salz zu einem cremigen Schnee schlagen, dabei nach und nach den Zucker einrieseln lassen.
❹ Den Eischnee auf die Eigelbmasse geben. Das Mehl mit dem Zimt mischen, darübersieben und alles locker unterheben.
❺ Die Biskuitmasse auf dem Blech verteilen, glatt streichen und mit den Mandeln bestreuen.
❻ Den Biskuit im Ofen auf der mittleren Schiene 12 bis 15 Minuten backen. Herausnehmen, mit dem Papier vom Blech ziehen und komplett auskühlen lassen.
❼ Den fertig gebackenen Biskuit auf einen weiteren Bogen Backpapier stürzen und das angebackene Backpapier der Oberseite vorsichtig abziehen.
❽ Die Vanillesahne gleichmäßig auf dem Biskuit verstreichen und die Kuvertüre auf der Zestenreibe fein darüberreiben.
❾ Das Kirschkompott auf dem unteren Drittel der schmalen Seite verteilen, die Roulade von dieser Seite her aufrollen und mit der Naht nach unten auf eine Servierplatte legen.
❿ Die Zimtroulade mit dem würzigen Kirschkompott vor dem Servieren mindestens 2-3 Stunden kühl stellen. – Man könnte sie auch Kirschroulade nennen!
Die beste Zimtroulade auf Pinterest merken
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Oh man ich sterbe sieht das leckiii aus *__*
i kännd greinär wäiär Sau, wenni an däi schäiner caffe denk, däis ermol gem hodd.
Das kann aber nur jemand beurteilen, der in den 60igern, im Kaffee kroll, kröll, berger, oder in der Bayreuther- Sielstraße und vielen anderen, die grandiosen Erzeugnissen Nürnberger Bäckern/Konditoren genossen hat. Aber das ist halt Vergangenheit. Kein Kaffeebesucher wird die Preise für dies handwerklichen Kunsterzeugnisse bezahlen. Deshalb Kettenbäcker. Deshalb versucht man mit alten Rezepten (ohne Ferigteig, fettfreien Backfett oder sonstigen Schnickschnack) diesen Genuß zu rekonstruieren.
Ja, genau.
Und die Sache mit der Rekonstruktion ist in diesem Fall sehr gut gelungen.
Natürlich bin ich kein gelernter Konditor und somit lässt die Optik zu wünschen übrig. Aber mit dem Geschmack war ich sehr zufrieden ;-)