Fränkische Krautwickel sind ein wichtiges Thema. Weshalb es eine meiner Lieblingsbeschäftigungen als Kind war, in der Küche zu sitzen und meiner Mutter beim Kochen zuzusehen. Deshalb genügt mir noch heute meist ein einfaches Rezept, um zu wissen was ich zu tun habe. Tutorials, die erklären, wie man bestimmte Handgriffe in der Küche auszuführen hat, benötige ich deshalb so gut wie nie.
Wer aber noch nie dabei zugesehen hat, wie man Kohlrouladen – respektive „Graudwiggerler“ – herstellt, benötigt vielleicht eine genaue Anweisung.
Das ist einer der Gründe, warum es diese Rezeptsammlung im Internet überhaupt gibt und warum die Zubereitung eines so einfachen Gerichts hier sehr ausfühlich beschrieben wird. – Für meine Enkel und künftige Urenkel.
Das wichtigste an der Kohlroulade oder dem fränkischen Krautwickel ist erst mal der Name, beziehungsweise die Aussprache. Wie ich an anderer Stelle schon dargelegt habe, ist die Ausdrucksweise des gemeinen Franken eine ganz andere, als die der Menschen im Rest der Republik.
So verwenden die Einwohner Frankens, wenn sie unter sich sind, meist kein „K“ und auch kein „T“. Was aus einem schönen Kohl- oder Krautkopf schon mal ein „Graud“ macht.
Als Meisterin der Verniedlichung formt die fachkundige Fränkin auch keine profanen „wickel“, sondern „wiggerler“ – in bestimmten Landesteilen auch „wiggala“, was wiederum sehr nahe am „Waggala“ vorbeischrammt. Und das bezeichnet bekanntlich ein ganz und gar entzückendes Kleinkind, oder auch die Herzallerliebste.
Man könnte sich noch kurz darüber unterhalten, was denn nun richtig ist: fränkische Krautwickel, fränkische Graudwiggerler oder fränkische Graudwiggala. Ich würde sagen das ist ziemlich egal. Gut müssen sie sein. Und Kohlroulade heißen sie in Franken auf gar keinen Fall nicht. Unter diesem Namen tauchen sie höchstens auf Speisekarten auf, um Besuchern aus fernen Ländern ein Gefühl von sprachlicher Sicherheit zu vermitteln.
Fränkische Krautwickel, Graudwiggerler oder Graudwiggala
Ich muss noch gestehen, dass ich selber nicht so genau weiß, warum diese Graudwiggerler nun als besonders „fränkisch“ gelten. Unser Rezept ist einfach seit Generationen erprobt und alle Familienmitglieder finden es ganz wunderbar.
Ich habe aber überhaupt kein Problem damit, wenn Sie das Gericht als Kohlrouladen auf den Tisch bringen. Hauptsache, es schmeckt.
Wenn sich die Blätter während des Blanchiervorgangs vom Kopf lösen lassen, kann man eine Pinzette dazu verwenden, um die einzelnen Blätter anschließend in sehr kaltes Wasser zu tauchen.
Das Rezept für fränkische Krautwickel mit Hackfleisch – Kohlrouladen
Die Zutaten reichen für 3-4 Personen (ergibt acht Krautwickel):
* 1 Kopf Weißkraut (Weißkohl)
Für die Füllung der Krautwickel:
* 1 Zwiebel
* 300 g gemischtes Hackfleisch
* 50 g durchwachsener Speck
* 1 Brötchen vom Vortag
* ca. 50 ml Milch
* Kümmel
* Muskat
* Salz + Pfeffer
* 1 Ei
* 2 EL Majoran (getrocknet)
* ½ Bund Petersilie
* Küchengarn
Für die Soße:
* 2 EL Butterschmalz (oder Gänseschmalz)
* 1 Zwiebel für die Soße
* 1 dicke Karotte für die Soße
* 500 ml Gemüsebrühe
* 1-2 TL Speisestärke
* 2-3 EL Crème fraîche
Man sollte die Krautwickel vor dem anbraten noch mit etwas Küchengarn oder „Sternlasfaden“ binden!
Zubereitung fränkische Krautwickel – Entschuldigung: fränkische Graudwiggerle
❶ Das Weißkraut putzen, die äußeren Blätter wegwerfen. Dann den Strunk keilförmig herausschneiden, so dass die Blätter sich später lösen lassen. Den Krautkopf in einem ausreichend großen Topf mit kochendem Salzwasser einige Minuten blanchieren, so dass die äußeren Blätter etwas weicher sind. Dadurch lassen sie sich auch besser von dem Kopf ablösen.
❷ Nach jedem Tauchvorgang im kochenden Wasser lassen sich nur jeweils 1-2 Blätter ablösen. Man muss den Vorgang also mehrmals wiederholen, bis man etwa 10-12 Blätter hat. Wieviele Blätter man wirklich benötigt kommt auf die Größe des Kohls und die Menge der gewünschten Krautwickel an. – Aus dem Rest des Kohls kann man später eventuell ein weiteres Gericht machen, zum Beispiel ein Nudelgericht, ähnlich diesen Krautfleckerln.
TIPP ZU ❷: Die abgelösten Blätter sofort in eiskaltes Wasser legen.
Wenn die benötigten Blätter abgelöst sind, kann man sie alle zusammen nochmals für fünf bis zehn Minuten ins kochende Wasser geben und nochmals weicher kochen. Danach erneut abschrecken.
Nun die dicke Mittelrippe der einzelnen Blätter mit einem scharfen Messer flach schneiden. Dadurch lassen sich die Blätter später besser verarbeiten.
Das flach schneiden des dicken Strunks für fränkische Krautwickel funktioniert beim Weißkraut ebenso wie beim hübscheren Wirsing im Rezept für diese feinen Wirsingrouladen mit Majoran.
❸ Ein oder zwei der kleineren blanchierten Krautblätter (ca. 75 g) werden in sehr kleine Würfel gehackt und später mit in die Füllung eingearbeitet, was diese etwas lockerer macht.
Nach den Vorbereitungen geht es jetzt richtig los:
❹ Das Brötchen vom Vortag klein würfeln, mit der heißen Milch übergießen und sofort abdecken, was die Hitze in dem Behälter hält und dafür sorgt, dass die Brötchenwürfel (Weggla) aufweichen.
❺ Die Zwiebel schälen und fein würfeln. In wenig Öl einige Minuten glasig schwitzen. Den Speck fein würfeln und mit in die Pfanne geben und dort auslassen.
❻ Vorbereiteten Speck und Zwiebeln mit dem Hackfleisch, dem ausgedrückten Brötchen, dem gehackten Kohlblättern und einem Ei verkneten. Kräftig mit Salz Pfeffer, Majoran, gemahlenem Kümmel und Muskatnuss würzen. – Sollte die Masse zu weich sein, eventuell 1-2 EL Semmelbrösel mit einarbeiten.
❼ Je zwei Kohlblätter überlappend aufeinanderlegen – das ist selbstverständlich nicht nötig, wenn die Kohlblätter ausreichend groß sind. – Die Hackmasse in gleichen Portionen auf den Blättern verteilen. Die seitlichen Ränder nach innen schlagen, aufrollen. Mit dem Garn zubinden. So fortfahren, bis die Hackfleischmasse aufgebraucht ist.
❽ Die zweite Zwiebel und eine dicke Karotte grob hacken, in einem großen flachen Topf, in dem später auch unsere fränkischen Krautwickel Platz haben werden, Zwiebel und Karotte kräftig anbraten, bis sie schön dunkel sind . Das Gemüse wieder aus dem Topf nehmen, dann die „Graudwiggerler“ rundum kräftig anbraten. Bei diesem Vorgang soll das Kraut ruhig ebenfalls ordentlich Farbe annehmen.
❾ Die Gemüsebrühe angießen, gebratene Zwiebel und Karotte wieder in den Topf geben und alles abgedeckt bei mittlerer Hitze für ca. 45-60 Minuten schmoren.
❿ Nach dieser Zeit die Fränkischen Krautwickel aus dem Topf nehmen. Den Fond durch ein Sieb gießen, anschließend um ein Drittel offen einkochen, die Stärke mit etwas kaltem Wasser glatt rühren und in die Soße mischen. Für zwei Minuten aufkochen. Danach die Hitze abdrehen und die Crème fraîche in die Soße mischen. Die Graudwiggerle zufügen.
Dazu passt prächtig selbst gemachtes Kartoffelpüree.
Fränkische Krautwickel – Graudwiggerler – Graudwiggala – Kohlrouladen
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Dieses Rezept ist mein zweiter Beitrag zu einem Blog-Event von bushi. Sie feierte damals ihren dritten Bloggeburtstag und war auf der Suche nach Winter-Soulfood. – Und fränkische Krautwickel sind echter Winter-Soulfood in reinster Form.
Das Rezept einfach super, ich habe genau nach Rezept gekocht und alle waren begeistert. Kann ich nur jeden empfehlen.
weisskohl finde ich nicht so gut geeignet, der zarte spitzkohl oder auch wirz ist viel besser geeignet. ich empfehle dringend, die blätter zu halbieren, sonst wird das verhältnis fleischfüllung-gemüse ungünstigerweise auf die fleischseite verschoben. und statt gemischtem hack nehm ich auch schon mal gern rehhack, reichere die sauce dann aber auch mit getrockneten steinpilzen an. und zum ablöschen der schön angebräunten wickerl gibts bei mir einen kräftigen guss kellerbier!
Ich bin von Nuernberg!!! Meine Oma machte oft Grautwiggerla fuer mich! Die worn immer su goad!!!!
die „oadligen Waggala“ werden sich eines Tag´s sicher freuen
über die schmackhaften „Wiggela“ vom Opa :-) . . .
Großes fränkisches like. Morgen wartet im Büro eine 208 Seiten dicke Wilde Überraschung auf Dich. Auf Seite 75 das Thema fränkisches Kraut als Wildkräuter-Smoothie – ohne Sonntagsbraten drin, dafür mit Spitzwegerich :-) http://www.amazon.de/Wilde-grüne-Smoothies-Gabriele-Bräutigam/dp/3862642526/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1394748893&sr=8-1&keywords=wilde+grün+smoothies
Lieber Peter,
das ist eine grandiose Idee. Ich wäre froh, wenn meine Großmutter damals schon die Möglichkeiten gehabt hätte und mir ihre Rezepte noch zugänglich wären. Und die Enkel sind entzückend :-).
Vielen Dank für Deinen schönen Beitrag.
Zwar kein Fan von diesem Gericht, bin ich doch damit großgeworden- mein Vater aus Sachsen liebte seine Krautwickel- mit K und T ….
Auch wenn ich in Westfalen aufwuchs, das sind die Krautwickel, die ich liebe und immer liebte. Unsere Nachbarin machte sie häufig und dann durfte ich bei „Liesel“ essen.
Das sind die Krautwickel meiner Kindheit, auch wenn die nicht in Franken stattfand….
Fränkische Aussprache habe ich auch als Kind gelernt, als ein Kunde meines Vaters am Telefon seinen Namen buchstabierte: „Mit haddem B wie Baula“