Roastbeef perfekt braten! – Nein zum Jungbullenfleisch

Roastbeef perfekt braten

Bevor wir uns ein feines Stück Roastbeef perfekt braten, eagal ob in der Pfanne oder auf dem Grill, gilt es überhaupt ein akzeptables Stück Fleisch zu finden. – Natürlich gäbe es im nahen Supermarkt das obli­ga­tor­ische Jung­bullen­fleisch vom Simmen­taler Rind.

Schon alleine dessen Name gaukelt dem Verbrauchern vor, sein soeben erworbenes Stück Fleisch habe – ur­sprüng­lich als Teil eines größeren Ganzen – einst auf saftigen Weiden an frischer Bergluft gegrast.

Gerne hat es sich mit geschickter Zunge sehr leckere Bergkräuter stibitzt, die das Fleisch wiederum besonders schmackhaft machten. – Das nenne ich grandioses Marketing!

A N Z E I G E

Man sollte aber realistisch bleiben. Schließlich sind die Simmentaler Rinder nichts anderes, als das, was man gemeinhin als Fleckvieh bezeichnet. Alleine in Deutschland gibt es davon circa 4,4 Millionen Exemplare. Weltweit gehört das Simmentaler (Fleckvieh) zu den am häufigsten anzutreffenden Rinderrassen. Was natürlich prinzipiell nichts schlechtes ist und seine Gründe hat.

Roastbeef vom Jungbullen? Vorsicht ist geboten!

Was die Marketing-Mär über den Jungbullen aus dem Supermarkt angeht, seien aber Zweifel erlaubt.

Auch wenn so ein Jungbulle weitere positive Assoziationen in uns weckt. Er war sicher kerngesund, strotzte vor Kraft, war muskelbepackt. Das Fleisch ist auch noch frisch! Vielleicht ist es im Supermarkt sogar mit dem Attribut „gereift“ versehen (ohne Angabe der Reifezeit). Dafür ist es zu einem erstaunlich niedrigen Preis zu haben. Zum Glück wird nicht behauptet, das Fleisch sei schmackhaft, saftig oder gar zart.

Peter Gravert (pensionierter Tierarzt) trifft dazu in diesem Podcast folgende Aussage:

Heute wird aber geschlachtet und das Fleisch ist übermorgen im Laden. Kostet der Reifeprozess doch Geld, weil er Kapital bindet – und weil das Fleisch während dieser Zeit Flüssigkeit verliert, sprich: Weniger wird. Und zwar um 1% am Tag….

Trotzdem läuft dem unbedarften Käufer schon mal das Wasser im Mund zusammen und die Zähne beginnen zu mahlen. Was auch nötig ist. Denn so ein Jungbulle hat verschiedene Nachteile.

Die Nachteile des Jungbullenfleisches

Zum Ersten: es gibt sehr viele Jungbullen. Auch bei Rindern hält sich die Geburtenquote von Männlein und Weiblein in etwa die Waage. Deshalb muss sein Fleisch irgendwie weg.

Zum Zweiten: er ist als „Junge“ auf die Welt gekommen. Er ist also relativ nutzlos. Er wird womöglich in relativ kleine Boxen gepfercht und mit Mastfutter in recht kurzer Zeit auf das höchstmögliche Schlachtgewicht getrimmt. Milch wird er nie geben. Und zum Zuchtbullen taugt er auch nicht.

Zum Dritten: Sein Fleisch bleibt mager und ist nicht marmoriert, also nicht von Fett durchzogen.

Lassen wir nochmals Peter Gravert zu Wort kommen:

Man sagt, um die gewollte Marmorierung im Gewebe zu erreichen, muss ein Rind mindestens zwei, eher zweieinhalb Jahre gehalten werden. Wenn man einen Bullen mit 18 Monaten schlachtet, kann der keine Marmorierung haben. Das wird aber als „Jungbullenfleisch“ in der Vermarktung auch noch als was Besonderes angepriesen: Das ist Verbraucherverarschung. So ist 20 Monate eigentlich Minimum. Und nach hinten raus gibt es keine feste Grenze.

Wenn Sie sich also ein wirklich saftiges, schmackhaftes und aromatisches Steak gönnen möchten, ist Jungbullenfleisch keinesfalls die erste Wahl. Schon gar nicht, wenn Sie ein Roastbeef perfekt braten möchten.

Simmentaler Rind in den bayerischen Alpen
Wäre ja schön, wenn alle Jungbullen so aufwachsen könnten wie diese Tiere in den Bayerischen Alpen. Begegnung mit dem Simmentaler Rind auf dem Weg zum Wendelstein.

Alternative Nummer eins: Der Ochse

Eine Alternative zur Färse – zu der wir gleich kommen – wäre der Ochse. Also ein kastriertes männliches Rind. Jung­bullen werden im ersten halben Jahr ihres Lebens kastriert, was zur Folge hat, dass das Rind verweiblicht. Durch fehlendes Testosteron wachsen die Ochsen nur noch etwa halb so schnell.

Ochsen wachsen aber auch deutlich länger als Stiere und erreichen dadurch eine Größe, die häufig die eines gewöhn­lichen männlichen Rindes derselben Rasse übertrifft.

Sie legen intramuskuläres Fett an, der Körperbau verweiblicht ein bisschen, die Muskelfasern werden feiner. Ganz besonders wichtig: sie bekommen ein sanfteres Gemüt. Nicht umsonst gilt der Ochse (unter dem Joch) als das älteste, belegte Zugtier. Theoretisch könnte man jeden gemeinen Jungbullen zum Ochsen machen, müsste dann aber we­sent­lich länger warten bis sie das gewünschte Schlachtgewicht erreicht ist.

Vernünftig gehaltene Ochsen sind deshalb bei der Schlachtung mindestens ein bis eineinhalb Jahre älter als ein Jung­bulle. Das rechtfertigt seinen höheren Preis. Schließlich hat der Halter höhere Investitionen in das Futter für diese Tiere.

Auch der Siegeszug der Färse endet auf dem Teller

Die Alternative zum Jungbullen ist in unseren Breitengraden die Färse. Per Definition ist eine Färse ein ge­schlechts­reifes, weibliches Rind bis zur ersten Kalbung. Erst wenn sie gekalbt hat, wird sie zur Kuh.

Fleischsommelier Dirk Freyberger beim Zerlegekurs in der Metzgerei
Fleischsommelier Dirk Freyberger beim Zerlegekurs in der Metzgerei. Hier ging es mal nicht um das Thema Roastbeef perfekt braten

Der junge Metzgermeister meines Vertrauens – Dirk Freyberger – seines Zeichens sogar erster Vorsitzender des Fleisch­sommelier Deutschland e.V., schwört, zusammen mit seinem Bruder Sven, schon lange auf das Fleisch der Färse. Sie suchen sich gezielt landwirtschaftliche Betriebe aus, die die Tiere mindestens 24 bis 36 Monate züchten.

Dadurch erhält das Fleisch eine hervorragende Qualität. So eine Teenagerkuh legt sich nämlich Energiereserven in Form von Fett an, um sich auf die erste Schwangerschaft vorzubereiten. Lässt der Bauer aber die Färse Färse sein, und diese wartet vergeblich auf den Zeugungsakt – respektive die Besamung – verteilt sich das gebunkerte Fett in einer feinen Marmorierung im Fleisch.

Das Fleisch wird dadurch saftig und aromatisch, das wichtigste am guten Steakfleisch.

Eine Spezialität der Freyberger-Brüder ist zusätzlich gereiftes Fleisch – meist von der Färse. Hier gibt es sowohl „dry aged“ als auch „wet aged“ Steaks – ein Traum auf jedem Teller.

Die Frage: Was ist eigentlich „dry aged“? beantwortet uns ebenfalls Peter Gravert im Podcast

Peter: Das ist das Gegenteil von „wet aged“ – also Trocknen am Knochen, wie man immer schon gemacht hat. Irgendwann kam man darauf, dass es pfiffiger ist, das Fleisch einzuschweißen und nass reifen zu lassen. Da verliert man nämlich nicht so viel Gewicht.

Beim Dry-Aging-Verfahren gibt es nämlich rund 15% Gewichts- und so auch Wertverlust. So haben vor allem die Südamerikaner das Fleisch eingeschweißt und im Kühlraum des Schiffes nachreifen lassen: Bei der Ankunft hier hat es gerade die richtige Konsistenz.

Aber beim Trockenreifen mit entsprechender Flüssigkeitsverlust konzentriert sich alles: Das Fleisch schmeckt dann logischerweise intensiver. Einige Leute, die den Rindfleischgeschmack nicht gewohnt sind, erschrecken sogar. Wir haben mal testweise sechs Wochen reifen lassen – geht wunderbar, kein Problem….

Man kann die Aufzucht von Färsen übrigens noch viel weiter treiben. Im spanischen Baskenland gibt es deshalb die Alte Kuh (Txogitxu) zu kaufen. Bloggerkollege David Seitz von der Schlaraffenwelt hat sich im Beitrag – Die fette alte Kuh – das beste Fleisch der Welt? – mit dem Thema ausführlich beschäftigt.

Als Alternative zur alten Kuh könnte man sich vielleicht zuerst an die Oberpfalz-Oma-Kuh heranmachen….

Roastbeef perfekt braten

Roastbeef perfekt braten! 900 Gramm wet aged Roastbeef

Vorgestellt habe ich das Stück Fleisch, das heute auf dem Teller landet, schon auf dem ersten Bild ganz oben. Nachfolgend nun die verschiedenen Techniken, die man anwenden könnte um der Qualität des Fleisches gerecht zu werden. Voraussetzung um ein Roastbeef perfekt braten zu können ist – noch vor der gekonnten Technik – die allerbeste Fleischqualität.

1) Roastbeef bei Niedrigtemperatur garen – Roastbeef perfekt braten

Langsamer Garvorgang – Ziel ist eine Kerntemperatur von nicht mehr als 55-59°C (medium). „Durch“ wäre das Fleisch schon bei 64-68°C.

  • A) 2-3 Stunden vor der Zubereitung aus dem Kühlschrank nehmen und Zimmertemperatur annehmen lassen.
  • B) Am besten in einer Bratpfanne aus Gusseisen (ich kann Euch die Ottia Produkte empfehlen) in neutralem pflanzlichem Öl (oder Butterschmalz) von allen Seiten kräftig anbraten. Erwünscht sind Röstaromen und eine schöne Kruste.
  • C) In den auf 60 Grad vorgeheizten Backofen geben und für eineinhalb bis zwei Stunden ruhen lassen.
  • Tipp: Fleischthermometer  verwenden, um den gewünschten Gargrad genau zu treffen.

Nachteil der Methode: man hat nicht den Eindruck „ein frisch gebratenes oder gegrilltes“ Stück Fleisch auf dem Teller zu haben. Die Kruste ist nicht mehr frisch. Wir sind also noch ein Stückchen entfernt vom Ziel Roastbeef perfekt braten.

Roastbeef perfekt braten

2) Roastbeef rückwärts braten – Roastbeef perfekt braten

Alle Arbeitsschritte beim Rückwärtsbraten eines Roastbeefs sind genau umgekehrt wie bei der klassischen Variante: Das Roastbeef wird zuerst im Ofen gegart und dann in die Pfanne oder auf den Grill gelegt. So wird das Roastbeef perfekt gebraten oder gegrillt:

  • A) 2-3 Stunden vor der Zubereitung aus dem Kühlschrank nehmen und Zimmertemperatur annehmen lassen
  • B) Roastbeef bei 70°C im Backofen mehrere Stunden ruhen lassen (entscheidend für die Dauer ist die Dicke des Fleisches). Arbeiten Sie auch hier mit der Kerntemperatur, die bei 55 Grad liegen sollte, wenn das Fleisch in Pfanne oder Grill landet.
  • C) Roastbeef auf dem heißen Grill oder in einer heißen Pfanne mit Pflanzenöl oder Butterschmalz rundum kross anbraten um eine aromatische Kruste zu erhalten.
  • D) Auf dem sehr heißen Grill die 45-45-45-45-Sekunden-Methode *) anwenden (je nach gewünschtem Gargrad).
  • E) Vor dem Servieren 3-5 Miuten ruhen lassen.

Vorteil am Rückwärtsbraten: Das Fleisch ist nach der Vorbereitung in kürzester Zeit servierbereit. Stellt man den Ofen auf 55°C ein, kann auch das Roastbeef maximal 55°C Kerntemperatur bekommen. Ob es eine Stunde oder gar zwei Stunden später als geplant in Pfanne oder Grill kommt, spielt keine Rolle. Das Roastbeef wird definitiv frisch, saftig und auf den Punkt gegart serviert.

3) Roastbeef Sous-vide Garen

Das vakuumierte Fleisch wird wie bei der Methode des rückwärts bratens im Sous Vide Wasserbad zunächst bei Niedrigtemperatur von max. 55°C gegart.

  • A) 2-3 Stunden vor der Zubereitung aus dem Kühlschrank nehmen und Zimmertemperatur annehmen lassen
  • B) Das eingeschweißte Fleisch ins Wasserbad geben und ziehen lassen
    – Roastbeef am Stück (ca. 1 kg): 55 Minuten
    – Rumpsteak geschnitten (ca. 300g): 30 Minuten
  • C) Roastbeef aus dem Beutel nehmen und in einer heißen Pfanne mit neutralem Öl oder Butterschmalz rundum kurz aber kross anbraten um eine aromatische Kruste zu erhalten.
  • D) Auf dem sehr heißen Grill die 30-30-30-30-Sekunden-Methode *) anwenden (je nach gewünschtem Gargrad).
  • E) Vor dem Servieren 2-3 Miuten ruhen lassen.

Vorteil am Sous Vide garen: Die Steuerung der Kern-Temperatur ist viel exakter möglich als im Ofen. Das Roastbeef wird definitiv frisch, saftig und auf den Punkt gegart serviert.

Roastbeef perfekt braten

*) Roastbeef perfekt braten in der 45-45-45-45-Sekunden Methode:
Fleisch auf den sehr heißen Grill legen. 45 Sekunden warten ohne das Fleisch zu bewegen. Dann 90 Grad drehen (nicht wenden!) und weitere 45 Sekunden liegen lassen. Dadurch entsteht ein schönes Grillmuster, siehe Foto oben.
Jetzt das Fleisch wenden und weitere 45 Sekunden grillen. Dann wieder um 90 Grad drehen und die restlichen 45 Sekunden abwarten.

gegrilltes T-Bone Steak
Zugegeben, das ist ein anderes Stück Fleisch als das Roastbeef auf dem Foto ganz oben. Es ist nur wegen der Bebilderung der Grillmethode hier zu sehen.

Der Gargrad eines Steaks (vom Grill!) – Kerntemperatur Steak – Gartabelle

Wichtig ist der Einsatz eines Fleischthermometers, mit dem wir folgende Ergebnisse nachmessen können:

  1. 48-51° C = Blutig | rare = Fleisch innen rot aber warm (weich, schwammig)
  2. 52-62° C = Halb blutig | medium rare = Fleisch innen rot und heiß
  3. 68-70° C = Rosa | medium = Kern noch rosa, innen heiß
  4. 76-80° C = Halb durch | medium well = fest, gibt auf Druck kaum nach
  5. 85-87° C = Durch | well done = innen grau (können Sie vergessen)

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HINWEIS: Wer auf der Suche ist, nach anderen, nicht unbedingt alltäglichen Fleischstücken von Rind und Schwein, findet in diesem Blog mehr zum Thema unter dem Stichwort Ganzkörperverwertung. Dazu zählen auch Innereien.


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1 Kommentar zu “Roastbeef perfekt braten! – Nein zum Jungbullenfleisch”

  • Ich wusste bis jetzt noch nicht, dass man Fleisch rückwärts braten kann. Ich hole mir gerne mal ein Stück Roastbeef von der Fleischerei um die Ecke. Vielleicht mache ich dieses Wochenende mal einen Test mit der beschriebenen Methode.

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