Also ehrlich, Vegetarier! So ziemlich das Allerunsinnigste, was mir auf der Suche nach dem geschichtlichen Hintergrund zum Rezept für Boeuf Stroganoff begegnet ist, war ein vegetarisches Rezept „Stroganoff sans Bœuf“. So ein Quatsch. Das ist ja wie Spargelsuppe ohne Spargel! Oder 22 Fußballer auf dem Platz ohne Ball.
Der Vergleich mit dem Fußball fällt mir nur gerade ein, denn ich habe das Rezept im Jahr 2012 aus Anlass der Fußball Europameisterschaft gekocht, weshalb sich ganz unten ein paar Playmobil Männchen tummeln.
Obwohl es sehr einfach ist, am Computer die Suchmaschinen dieser Welt zu bedienen, um auch wirklich das zu finden, wonach man gesucht hat, macht es mir hin und wieder Freude, in einem meiner 24 großformatigen Brockhaus-Bände (die schönen, mit dem Goldschnitt oben), die wir vor gefühlten 100 Jahren für Unsummen erstanden haben, nach bestimmten Begriffen zu fahnden.
Stroganoff oder Stoganow?
Dort steht unter „Stroganow“ (man beachte die Schreibweise mit dem „w“ am Ende): russ. Unternehmerfamilie bäuerl. Herkunft, deren Stammvater, ANIKEJ S. (*1497, †1570) durch Salzgewinnung die Grundlagen des riesigen Vermögens schuf. Er erhielt 1558 von IWAN IV großen Landbesitz im noch unerschlossenen Gebiet von Perm und an der Kama … sowie das Recht eigener Gerichtsbarkeit und zur Aufstellung einer Privatarmee. Die S. erschlossen weite Gebiete im Ural (Erzgewinnung) … usw.
Es ist recht mühsam Texte dieser Art zu lesen, denn die vielen Abkürzungen sind wir aus dem Internet nicht mehr gewohnt. Aber so ein Lexikon war damals eben schnell vollgeschrieben (19. Auflage, 1993). Da kam es auf jeden Buchstaben an. Über das Gericht steht da übrigens kein Wort.
Die Informationen bei Wikipedia fördern immerhin noch zu Tage, dass das Rezept für Boeuf Stroganoff, um das es hier ja bald gehen wird, möglicherweise für einen Kochwettbewerb Ende des 19. Jahrhunderts in Sankt Petersburg erfunden wurde, bei dem es als Sieger hervorgegangen sein soll.
…Beschrieben wurde es jedenfalls zuerst in Auguste Escoffiers „Guide Culinaire“ von 1903. Benannt ist es nach der russischen Adelsfamilie Stroganow. Anekdotisch zugeschrieben wird es sowohl Graf Grigorij Alexandrowitsch Stroganoff (1774–1857) als auch Graf Sergej Grigorjewitsch Stroganow, der 1923 im Pariser Exil starb…
Boeuf Stroganoff, der russische Beitrag zur Europaküche
Johannes Mario Simmel hat Boeuf Stroganoff auf den Tisch gebracht
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Mir genügt das. Ich habe jetzt Hunger. Erzählen könnte man zwar noch, dass das Gericht in Deutschland erst durch den 1960 erschienen Bestseller „Es muß nicht immer Kaviar sein“ des österreichischen Schriftstellers Johannes Mario Simmel, so richtig bekannt wurde, aber das muss man höchstens beim Trivial Pursuit wissen.
Von dem Roman gibt es zwei Kinofilme (1961) und eine 13-teilige Fernsehserie mit Siegfried Rauch in der Hauptrolle, die 1977 im Fernsehen lief. Das Leibgericht des Hauptdarstellers ist eben jenes Gericht, Boeuf Stroganoff. Die Titelmusik gibt es hier nebenan zu hören, die einzelnen Episoden liegen offensichtlich komplett bei Youtube.
Eines muss noch gesagt werden: Das Internet ist sicher bald voll. Und zwar mit Rezepten von Boeuf Stroganoff. Und es tun sich Abgründe auf, in diesem Zusammenhang. Was da alles produziert, geschrieben und wieder abgeschrieben wurde, ist manchmal wirklich haarsträubend.
Lassen sie bei den Filetspitzen Stroganow so viel wie möglich Firlefanz weg
Das folgende Rezept, ist, wie alle Rezepte in diesem Blog, von mir persönlich gekocht, fotografiert, verspeist und für ausgezeichnet befunden worden. Lassen Sie den Unsinn mit dem flambieren von Wodka, lassen Sie das kleingeschnittene Gemüse und die Rote Bete, die man andernorts in Rezepturen findet, einfach weg.
Konzentrieren wir uns auf das Wesentliche. Auf das beste vom Rind. Das Filet.
Und noch was: Glauben Sie bitte niemandem, der den Unsinn behauptet, man könne Boeuf Stroganoff mit Hähnchen- oder womöglich sogar mit Putenbrust ebenso gut zubereiten. Das Gericht wird dann wahrscheinlich schmecken wie Spargelsuppe ohne Spargel.
Die Rezeptur ist sehr einfach, wenn auch nicht ganz billig, dafür aber ratzfatz zubereitet. Sie lässt uns Zeit für das nächste Fußballspiel bei der Europameisterschaft (oder anderen Gelegenheiten) sowie unsere neue Angewohnheit, die Füße auf den Tisch zu legen und durch die Wohnung zu brüllen: „Tooooor!“
Gibt es Boeuf Stroganoff, so steht der Torwart schon mal Kopf!
Zutaten und Rezept Boeuf Stroganoff
Boeuf Stroganoff – Ein Klassiker
Zutaten
Die Zutaten für 4 Personen:
- 700 g Rinderfilet (da das Fleisch ohnehin in Streifen geschnitten wird, eignen sich hervorragend die beiden Enden der Lende)
- 250-300 g Champignons
- 4 Schalotten
- 2 EL Butterschmalz
- 300 ml Rinderfond
- 1 EL Dijon-Senf
- TL Zucker
- 150 ml Saure Sahne
- 2 EL Cognac
- 1 EL Estragonblättchen
- Salz und frisch gemahlener Pfeffer.
- Optional kleine Gewürzgürkchen oder etwas Zitronensaft oder 1 EL Essig
Anleitungen
- Das Fleisch mit Küchenpapier trocken tupfen, sauber parieren und in circa eineinhalb Zentimeter dicke Streifen schneiden.
- Die Schalotten dagegen in sehr feine Ringe schneiden.
- Die Zwiebelringe in einem Esslöffel Butterschmalz glasig schwitzen, unterdessen die Pilze mit einer Bürste oder mit einem Tuch reinigen und den Stielansatz mit einem Messer abschneiden.
- Die Champignons in Scheiben schneiden und zum anbraten zu den Zwiebeln geben.
- Den Rinderfond angießen und so lange bei mittlerer Temperatur köcheln, bis etwa die Hälfte der Flüssigkeit verkocht ist.
- Die saure Sahne, den Estragon und den Cognac einrühren, mit Salz und Pfeffer abschmecken und bei milder Temperatur noch etwas reduzieren (erhitzt man Saure Sahne zu sehr, flockt sie aus, was unschön aussieht).
- In einer zweiten Pfanne einen weiteren Esslöffel Butterschmalz erhitzen, das Fleisch salzen und pfeffern und anschließend (gegebenenfalls Portionsweise) kurz aber kräftig anbraten.
- Die Filetstückchen sollten beim servieren innen noch leicht rosa sein, deshalb das gebratene Fleisch mitsamt dem Bratfett sofort in die Soße mischen und umgehend servieren.
- Optional: Wer unbedingt meint, diese Zutat bringe das gute alte Russland in das Gericht, kann kleine Gewürzgürkchen in die Soße schneiden und/oder zusätzliche Säure in Form von etwas Zitronensaft oder 1 EL Essig dazu geben.
- Ich rate allerdings davon ab
Notizen
Das fertige Boeuf Stroganoff. Ein ewiger Klassiker aus Rinderfilet. Deshalb auch gerne Filet Stroganoff oder Filetspitzen Stroganoff genannt.
Nachtrag: Julia, vom Blog „German Abendbrot“ führt auch im Januar 2019 ihren Dauerblogevent fort. Dieser läuft unter dem Titel „Entstaubte Klassiker“ und mein Boeuf Stroganoff passt da wunderbar rein.
Hier noch alle Rezepte zur Fußball-EM 2012 in diesem Blog:
– Nougat-Mousse auf grüner Insel – Irland – EM2012
– Gegrillte Sardinen mit grünen Bohnen – Portugal – EM2012
– Gazpacho – Spanien – EM2012
– Anpfiff zur kulinarischen Europameisterschaft 2012
– Verschleiertes Bauernmädchen – DK – EM2012
– Pfannkuchen (Pannekoeken) – NL – EM2012
– „Kalter Hund“-Schnittchen mit Weinbergpfirsich
– Spinatpastete (Spanakopita) – GR – EM2012
– Kartoffelkaas mit Flönz – Deutschland – EM2012
– Prager Kümmelfleisch – Tschechien – EM 2012
– Caponata – Italien – EM2012
– Schokotorte Guinness Style – England – EM2012
– Coq au vin – Hähnchen in Rotwein – EM2012
– Cevapcici (Ćevapčići) – HR – EM2012
– Blumenkohl polnisch kommt mit Mandeln und Kapern daher!
– Loup de Mer mit Banane – Spanien – EM2012
Zuletzt aktualisiert am 06. Januar 2022
Hallo Herr Spandl,
gibt’s also bei mir an diesem Freitag.
Mein Chef (vor 36 Jahren) hat Kartoffelschnee dazu gereicht: Salzkartoffeln abgießen, durch die Kartoffelpresse direkt auf den Teller. So werde ich es machen.
Vielen Dank und viele Grüße
Ingrid
Wunderbar.
Ich mag Kartoffelschnee auch gerne.
Ein paar kleine Butterflöckchen und etwas Salz. Fertig!
Lieber Peter,
wir lieben Deine „entrümpelte“ Cognac-Version des Stroganoff! Nur den Estragon (mögen wir nicht, warum auch immer) habe ich durch Petersilie ersetzt. Dazu Spätzle – alle waren glücklich, auch der Knutscher für die Köchin wurde korrekt platziert.
Dank und herzliche Grüße aus Schleswig-Holstein,
Sandkorn
Hallo Herr … Spandl,
das Rezept hört sich aber prima an und da Oma und Opa morgen zur Unterstützung beim Hecke schneiden vorbei kommen und mit Rat und Tat zur Seite stehen werden dachte ich mir ich bekoche Sie mal wieder und jetzt hab ich auch noch ein tolles Rezept dafür ;-)
Vielen Dank für das Rezept.
Viele Grüße Patrick
Na da wünsche ich doch gutes gelingen.
Und wenn Ihr schon dabei seid:
meine Hecke hätte auch einen Schnitt nötig
Ich habe 8 Jahre kein Fleisch gegessen – aber nicht aus Überzeugung, sondern weil ich es quasi von einem Tag auf den andern nicht mehr mochte. Das war in meiner Jugend. Als die Pubertät definitiv vorbei war, kam auch die Lust auf Fleisch wieder.
Jessäs, ein Leben ohne Käse… unvorstellbar. Naja, die Veganer-Diskussion kann man abhaken, auf die lasse ich mich gar nicht ein. Es ist wie mit jeder Religion – über Gott kann man nicht diskutieren.
Hach, das ist ein Gericht nach meinem Geschmack – pure Fleischeslust :-) Die Pilze kann weg oder drinlassen von mir aus – hauptsache es gibt eine rechte Portion Fleisch.
Ich koche ja von 7 Wochentagen mindesten an 5 Tagen fleischlos. Aber Vegetarier möchte ich nie werden – ich würde so einen anständiges Stück Fleisch wahnsinnig vermissen!
Liebe Wilde Henne,
die Sache mit der Fleischeslust kann ich gut nachvollziehen. Wir haben für den Zeitraum von etwa drei Jahren mal ein Dasein als Vegetarier geführt, sind dann aber irgendwann „rückfällig“ geworden. Wegen Gerichten wie diesem ;-)
Was ich überhaupt nicht möchte, ist es ein Leben als Veganer zu führen.
Das ist mir auch von der Weltanschauung her zu extrem und Lebensqualität auf einer niedrigen Stufe.
Was wäre nur ein Leben ohne Käse….
Mit leckerem Gruß, Peter
Die Originalgarnitur für Stroganoff sieht keine Champignons vor. Auch keine Essiggurke (obwohl es mir mit besser schmeckt) oder Rote Bete, kein Cognac und keinen Wodka, kein Estragon. Lediglich Rinderfiletwürfel aus dem Filetkopf geschnitten, fein gewürfelte Schalotten, Demi Glace, Senf, Saure Sahne, Zitronensaft und ein Schuss Essig. Nachzulesen im „Lexikon der Küche“, in Fachkreisen nur „Der Hering“ genannt. Eine lohnende Anschaffung. Internet ist toll, weiß aber auch nicht alles, bzw. gibt etwas als Original aus, was dann doch nur abgewandelt ist. Ich mache es wie oben, nur erlaube ich mir den Luxus der Essiggurken (geschält und in Scheiben geschnitten).
Beste Grüße
Mike
Hallo Mike,
die Originalrezepte (wie in diesem Fall) sind ja oft sehr alt und somit auch überkommen.
Das oben vorgestellte Rezept ist eine entrümpelte Version dieses Klassikers die ich nach meinem persönlichen Geschmack angepasst habe.
Sie schmeckt schlicht und einfach fantastisch!
Wie nahe sie an der vom „Hering“ erklärten Version ist, spielt für mich deshalb gar keine Rolle.
Mit leckerem Gruß, Peter