Schweinefilet ist doch irgendwie 70er oder 80er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts und auch jede Menge verbrannte Erde, oder? All die ganzen Lendentöpfchen, Lendchen in Pfefferrahmsoße, Lendchen in Blätterteig! Wer hat denn nun gute Erinnerungen an diese Gerichte vorzuweisen? Ich sitze jedenfalls auf einem ganzen Haufen verdrängter Erinnerungen. Generell an Schweinemedaillons, die von unmotivierten Köchen auf sogenannten Grilltellern abgelegt wurden – und noch immer werden.
Dabei ist der Grillteller an sich ja die reine Notlösung. Sowohl für den Wirt, beziehungsweise den Koch, einer bestimmten Klasse von Gaststätten, als auch für deren Besucher.
Wer lange und hilflos in einer vielseitigen Speisekarte geblättert hat, kommt vielleicht auf die Idee ein Schnitzel zu bestellen. Das befreit aber nicht aus der Gefangenschaft. Vielleicht ist man unterwegs, fern der Zivilisation, hat tierischen Hunger oder andere Gründe, die verhindern, dass man einfach aufsteht und verschwindet. In solchen Fällen bestelle ich mir dann doch lieber einen Grillteller als ein Schnitzel.
Wenn es dann dumm läuft, sind neben dem anderen Zeug unter dem Riesenberg Pommes noch eine oder zwei kleine Scheiben von der Schweinelende zu finden. Furztrocken! – Wie überall. Denn scheinbar kennen nur die allerwenigsten Köche die richtigen Antworten zur Schweinefiletzubereitung.
In der Nürnberger Pilsbar Brez’n
Allerdings habe ich auch positive Erinnerungen an Schweinefilets, die mit sehr vielen schönen Abenden in einer Nürnberger Pilsbar, der „Brez’n“ zusammenhängen (die es damals auch in Fürth gab). Der pfiffige Wirt richtete sich einen richtigen Buchenholz-Grill in dem sehr kleinen Lokal ein und bot neben verschiedenen Steaks auch Schweinelende an, die mit viel Knoblauch, am Stück (oder als halbe Lende), in Alufolie gewickelt wurde und ebenfalls auf dem Grill landete.
Das ganze hatte viel Lagerfeuer-Romantik. Die große Zeit der Rockmusik war leider zu Ende, aus der Musikbox plärrten grauenhafte Hits wie das „Mexican Girl“ von Smokie, dazu ununterbrochen Boney M. mit ihren Hits „Rivers of Babylon“ und „Rasputin“, John Travolta & Olivia Newton-John schmetterten „You’re the One That I Want“ und die Village People „Y.M.C.A.“
Wenn die genossene Menge an gepflegten Bieren die Gäste der „Brez’n“ schließlich in melancholische Stimmung versetzt hatte, durfte endlich Altmeiser Paul McCartney mit seinen Wings ran und in Endlosschleife „Mull of Kintyre“ intonieren. Es war schlimm. Es war 1978. Aber der Wirt hatte es voll drauf. Die Lende war immer köstlich und meistens genau richtig (indirekt) gegrillt.
Spargel mit Schweinefilet, Kräutersaitlingen und Pasta
In unserem Haushalt stand auch schon lange keine Schweinelende mehr auf dem Tisch. Weshalb das unbedingt mal wieder sein musste. Und da ich schon in meinen Erinnerungen gewühlt hatte, wollte ich auch ein Gericht haben, das voll an die damals übliche Zeit erinnert. Ich finde das ist gelungen.
Wichtig also: Die Lende selbst, ein deftiges Sößchen, natürlich Spargel, auf jeden Fall eine Beilage, die Wahl fiel auf Pasta und weil sie der Gemüsehändler im Regal hatte, noch zwei hübsche Kräutersaitlinge dazu. Insgesamt also fünf Komponenten, wo wir uns normalerweise mit zwei bis drei zufrieden geben.
Spargel mit Schweinefilet, Kräutersaitlingen und Pasta
Die Zutaten für 4 Portionen:
* 600 g Schweinefilet
* 50-100 g Speck in dicken Scheiben
* 500 g grüner Spargel
* 400 g Pasta (schmale Tagliatelle)
* 1 Schalotte
* 150 ml Weißwein
* 200 g Kräutersaitlinge
* 200 ml Sahne
* ½ Bund Kerbel
* Salz
* Pfeffer.
Zubereitung: Das Schweinefilet vom Metzger parieren lassen oder selbst von Haut und Sehnen befreien und in vier möglichst gleichmäßig dicke Stücke schneiden. Die Fleischstücke aufrecht auf ein Holzbrett stellen, mit Salz und Pfeffer würzen. Nun mit dem Handballen flach drücken und die Speckscheiben herum wickeln (siehe Foto).
Den Backofen auf 80 Grad vorheizen. In einer heißen Pfanne mit Butterschmalz die Filetstücke ringsum scharf anbraten. Aus der Pfanne nehmen und im vorgeheizten Ofen für etwa 30 Minuten gar ziehen lassen. Das Fleisch darf innen noch rosa, sollte aber nicht mehr roh sein. Eine Kerntemperatur von etwa 65 Grad sollte gerade erreicht sein.
Die Schalotte schälen, klein hacken und in dem Bratansatz glasig schwitzen. Mit dem Weißwein ablöschen und einköcheln, bis von der Flüssigkeit fast nichts mehr übrig ist. Die Sahne und einige Esslöffel von dem Spargelsud angießen und ebenfalls etwas einköcheln lassen. Ganz zum Schluß den Kerbel hacken, einen Teil in die Soße geben, den Rest als Deko verwenden. aufheben.
Von den grünen Spargelstangen nur das untere Drittel schälen und für 4-5 Minuten in Salzwasser bissfest kochen.
Die Kräutersaitlinge mit einem Pinsel reinigen (keinesfalls waschen), in Stücke schneiden und kurz vor dem Servieren in etwas Butter anbraten. In der Zwischenzeit die Pasta nach Anleitung in Salzwasser al dente kochen. Alle Komponeneten zusammenführen und hübsch Anrichten.
Spargel mit Schweinefilet kommt schöner daher, wenn der Spargel grün ist
Zufällig ausgewählte Spargel-Rezepte aus diesem Blog:
– Spargel mit Orangenbutter – Klassiker: Sauce Maltaise
– Spargel mit Rührei a la Paul Bocuse
– Spargelrollen mit Sauce Hollandaise
– Spargelwoche. Sieben Spargelrezepte. Eine Woche Spargel
– Japanischer Spargelsalat mit Hähnchenbrust in Sesam
– Duell der Köpfe. Die Zusammenfassung
– Rezeptidee: Grüner Spargel aus dem Ofen
– Lachsforellen-Nockerl auf Rahmspargel
– Spargel-Kartoffel-Auflauf mit geräucherter Forelle
– Doradenfilets auf grünem Spargel mit Port-Hollandaise
– Kräuterpfannkuchen mit Spargel und gebeizter Lachsforelle
– Dreierlei vom Spargel
– Gerösteter Spargel im Orangensud auf Spinatsalat
Ich habe auch ganz furchtbare Erinnerungen an Schweinsfilet. Kennst Du Betty Bossi, die nichtexistierene Urmutter in Schweizer Küchen? Betty Bossi ist eine fiktive Gestalt, resp. ein Küchenstudio, das seit bald 70 Jahren unserer Nation das Kochen beibringen will. In den 80er Jahren gab ein absolutes Filet-Brüller-Rezept: Partyfilet. Und dazu servierte die Schweizer Hausfrau immer Wildreis, weil Betty Bossi das dazu empfahl. Alle haben Partyfilet gekocht (ich nie!). Blöd war einfach, dass man manchmal an 8 Einladungen hintereinander das selbe Gericht vorgesetzt bekommen hatte. Und zum Dessert gab es immer Tiramisù. Immer!
Aber ausser Partyfilet mag ich Schweinsfilet eigentlich schon. Dein Teller sieht jedenfalls sehr «aamächelig» aus.
Liebe wilde Henne,
nein, von der fiktiven Betty Bossi habe ich noch nie in meinem Leben etwas gehört.
Und Wildreis geht ja schon mal gar nicht. Zumindest nicht bei mir.
Bei uns gab es früher auf jeder zweiten Einladung dafür Lendchen in Rahmsoße.
Ich nehme an, das war auch nicht besser.
Und die Sache mit den Einheitsdesserts bekämpfe ich ja schon seit Jahren.
Mit leckerem Gruß, Peter
Peter, echt jetzt? Du kennst unsere BB nicht? Jede Schweizer Hausfrau hat BB im Kochbuchregal stehen. Ganz viele Leute könnten hierzulande ohne BB-Bücher gar nicht kochen. Musst mal danach googeln. Falls Du mal ein BB-Buch wünschst, ich hätte da aus meiner Kochschulzeit vor 35 Jahren noch so das eine oder andere Exemplar hier stehen. Kann ich Dir per Kurier vorbeibringen lassen ;-)