Wie ich (als Franke) zum Kärntner Reindling kam, soll umgehend erzählt werden. Mein Glück bestand darin, zu einer dreitägigen Pressereise in die neu ausgewiesene Slow Food Travel Region Kärnten eingeladen worden zu sein. Reiseziele waren das Gail- und Lesachtal mit etlichen ausgesuchten Genuss-Stützpunkten. Von der guten Gastronomie über den Besuch beim Imker sowie auf einem Bergbauernhof, bis zum Lesachtaler Mühlenweg.
Mein Fazit der Reise findet man in dem Beitrag Die weltweit erste Slow Food Travel Region ist Kärnten, wo es heißt: Kärnten zu bereisen ist wirklich eine lohnende Angelegenheit.
Eine der besuchten Genuss-Stationen war die Bäckerei Matitz in Kötschach-Mauthen. Ein wunderbares Slow Food-Frühstück wurde uns serviert und Bäckermeister Thomas Matitz stand für alle Fragen zur Verfügung. Leider verfügt die Bäckerei über keine eigene Homepage, wird aber hier in einem Beitrag des ORF portätiert.
Kärntner Reindling – ein Napfkuchen der Kärntner Küche
Bereits vorher hatte ich vom Kärntner Reindling gehört, einem typischen Napfkuchen der Kärntner Küche. Besonders interessiert war ich an der Form des Reindling, stellte aber alsbald fest, dass es eine solche offiziell nicht gibt.
Der Reindling wird zwar traditionell in Tonformen gebacken, die stark an einen Gugelhupf erinnern und früher mit christlichen Symbolen verziert wurden. Wer eine solche nicht (mehr) im Haus hat, greift einfach zum gewöhnlichen Topf, daher auch die Bezeichnung Napfkuchen.
Auf die Frage an Frau Matitz, wo ich denn hier in der Gegend eine Reindlingform kaufen könnte, fackelte diese nicht lange, sondern eilte zunächst in ihre Wohnung über der Bäckerei. Kurz darauf tauchte sie mit der familieneigenen, tönernen Backform wieder auf und schenkte mir diese.
Dabei handelte es sich um ein Erbstück Ihrer Mutter oder Schwiegermutter, über das ich mich sehr gefreut habe. Nur der Heimtransport im Koffer erwies sie als etwas knifflig, schließlich hat die Form ein Fassungsvermögen von über 2,5 Litern…
An dieser Stelle nochmals ganz herzlichen Dank an Frau Matitz!
Bäckermeister Thomas Matitz und seine Frau schenkten mir die Reindlingform aus Familienbesitz
Wissenswertes zum Kärntner Reindling
In Südkärnten, wie auch im besuchten Gailtal, wird der Reindling „Pogača“ genannt, was wohl in der Nähe zu Slowenien begründet ist. In manchen Tälern sagt man „Pohača“. Das Adjektiv „bogat“ bedeutet auf Slowenisch „reich“ im Sinne von wohlhabend, prächtig, ergiebig, vielfältig.
Im Kärntner Rosental, in dem viele Slowenen leben, findet alljährlich sogar das Pohaca-Fest statt, in dessen Mittelpunkt ein Pohačen/Reindlings-Backwettbewerb steht.
Offensichtlich die Gewinnerin des Backwettbewerbs auf dem Pohaca Fest 2016. – Foto: Peter Just
Gebacken wird der Kärntner Reindling traditionell nur zwei Mal im Jahr. Einmal zu Ostern und einmal zum Kirchtag, was in Deutschland natürlich für Kirchweih oder Kirmes steht. Auch wenn der Grund für die alljährliche Kirmes bei uns langsam in Vergessenheit gerät: bereits seit dem Mittelalter wird die jährliche Wiederkehr des Tages der Kirchenweihe eines Kirchengebäudes gefeiert.
Ein Reindling braucht Zeit, Wärme, Liebe und Ruhe
In Kärnten wird der Reindling zu Ostern mit Osterschinken, Eiern, Kren, Hauswürstel oder Rindszunge serviert. Viele Familien verwenden dazu allerdings eine weniger süße Variante des Gebäcks, als die, die unten im Rezept gebacken wird.
Der Kärntner Reindling sollte übrigens nicht mit dem in Deutschland gebräuchlichen Osterbrot gleichgestellt werden. Dessen Sinn ist im Brauch des Fastenbrechens zu finden. In Österreich gibt es anstelle des Osterbrotes die Osterpinze, die einst aus Veneto und Friaul in die Alpenrepublik kam.
Damit bin ich beim ersten Beitrag zu meinem Blogevent „Religionen der Welt kulinarisch – Reformationsjahr 2017“ angekommen. Darin ging es um traditionelle Speisen (weltweit), die speziell an religiösen Festtagen gegessen oder auch geopfert werden. Die Religion selber spielt in dem Blogevent keine Rolle.
Rezept Kärntner Reindling
In Österreich wird für einen Hefeteig / Germteig zuerst ein sogenanntes „Dampfl“ hergestellt. Beachten Sie bitte auch die allgemeinen Tipps zur Herstellung von Hefeteig / Germteig (unter dem folgenden Rezeptkasten).
Kärntner Reindling - Osterreindling
Zutaten
Für das sogenannte "Dampfl" benötigt man
- 125 ml Milch (lauwarm - nicht heiß!)
- 1 Würfel
Hefewürfel - respektive Germ (42 Gramm) - 1 EL Zucker
Für den Teig selber wird benötigt:
- 800 g Weizen-Mehl (Mehltype 550)
- 250 ml Milch (zusätzlich zum Dampfl - lauwarm)
- 1½ TL Salz
- 100 g Zucker
- 4 Eigelb
- 150 g Butter (sehr weich)
- 100 g Mehl (extra zum bearbeiten)
Zutaten für die Fülle des Kärntner Reindling:
- 100 g Rosinen (waschen und mehrere Stunden in Rum einlegen)
- 4 EL Rum
- 250 g Walnüsse (gemahlen)
- 100 g Butter (flüssig)
- 4 EL Milch
- 150 g Zucker
- 1 TL Zimt
Anleitungen
Wenn Sie alle Zutaten im Haus haben, legen Sie los:
- Begonnen wird mit den Rosinen. Diese waschen, trocken tupfen und in eine kleine Schüssel geben. Rum darüber gießen, bis sie gerade so bedeckt sind. Beiseite stellen und einige Stunden marinieren.
Das "Dampfl"
- Zur Herstellung des "Dampfl" die ersten 125 ml Milch anwärmen (nicht kochen!). Einen Esslöffel Zucker und den zerböckelten Hefewürfel zur Milch geben und etwa 10-15 Minuten an einem warmen Ort ruhen lassen.
Der Teig
- Das Mehl in die Schüssel einer Küchenmaschine mit Knethaken geben und eine Mulde hineindrücken. Wenn die Hefe beginnt ihre Aufgabe zu erfüllen und Blasen wirft, das "Dampfl" in die Mehlkuhle gießen und die Küchenmaschine einschalten.
- Nach und nach alle Zutaten des Teigs einarbeiten bis der Teig sehr geschmeidig wird und sich vom Schüsselrand löst (Hinweise bei Verwendung von Dinkelmehl siehe Tipps unten). Das kann durchaus 10-15 Minuten dauern.
- Anschließend die Schüssel mit einem frischen Küchentuch abdecken und an einem warmen Platz in der Wohnung für etwa zwei Stunden gehen / ruhen lassen.
- Unten die verschiedenen Stadien des Teigs für den Kärntner Reindling. Ausschnitt 1: die Hefe freut sich über den Zucker.
- Ausschnitt 2: Der Teig ist fertig geknetet. Ausschnitt 3: der Teig ist zwei Stunden gegangen.
- Die Walnüsse mit einer kleinen Küchenmaschine fein hacken. Etwas Milch, zerlassene Butter, Zucker, Zimt und 4 Esslöffel Rum (aus der Rosinenschüssel) einarbeiten, bis eine streichfähige Masse entstanden ist.
- Eine Arbeitsfläche mit Mehl bepudern und den gegangenen Teig aus der Schüssel darauf gleiten lassen. Mit zusätzlichem Mehl verkneten bis der Teig nicht mehr so klebrig ist und sich gut verarbeiten, respektive auswalzen lässt.
- Den Teig für den Kärntner Reindling in ein großes Rechteck von etwa vier Millimetern Stärke auswalzen.
- Die Walnussmasse gleichmäßig darauf streichen, anschließend die Rosinen darauf verteilen. Den Teig Stück für Stück, eng aber ohne Druck, zusammenrollen. Die Reindling-Backform gut ausbuttern.
- Wenn Sie später eine Zuckerkruste haben möchten, die Form auch mit Zucker ausstreuen, so dass dieser an der Butterschicht hängen bleibt. Den überschüssigen Zucker wieder aus der Form kippen.
- Den aufgerollten Teig in die Reindlingform geben und eine weitere halbe Stunde abgedeckt gehen lassen. Anschließend bei 160 Grad (Umluft) für 60-70 Minuten Backen.
- Den Kärntner Reindling nach dem Backen kurz abkühlen lassen und vorsichtig aus der Form stürzen. - Guten Appetit und frohe Ostern!
Allgemeine Tipps zur Herstellung von Hefeteig / Germteig
Was kann der Fehler sein, wenn Ihr Hefeteig nicht „funktioniert“?
1) Ein häufiger Fehler ist in der Erwärmung der Hefe zu finden. Hefe mag es warm – aber nicht heiß. Kochen Sie die Milch also nicht auf, sondern machen Sie sie nur handwarm!
2) Hefe braucht Zucker. Führen Sie die beiden also möglichst schnell zusammen. Zucker ist für die Vermehrung und Gärung der Hefe wichtig.
3) Zeit! Jedes Hefegebäck benötigt Zeit zum gehen, wovon sie reichlich Gebrauch machen sollten.
4) Keine Zugluft! Decken Sie die Schüssel mit dem Hefeteig beim ruhen mit einem frischen Küchentuch ab! Suchen sie einen warmen Platz, an dem der Teig ruhen kann.
5) Was das Mehl angeht, bewährt sich für viele Hefeteige das Mehl mit der Nummer 550 auf der Packung. Der damit hergestellte Teig wird stabiler, weshalb man weniger Probleme mit einem eventuell „launischen“ Hefeteig hat.
Das 550er Mehl hat einen höheren Mineralstoffgehalt, weshalb es ein klein bisschen dunkler erscheint als das normale 405er.
6) Kneten: Hefeteig aus Weizenmehl sollte man sehr lang kneten (10-15 Minuten), dadurch wird er einerseits fluffiger, andereseits stabiler.
Hefeteig aus Dinkelmehl sollte dagegen nicht lange geknetet werden. Durch zu langes kneten wird der Teig immer weicher und verliert seine Stabilität, läuft beim Backen außerhalb einer Form sogar stark auseinander.
7) Hefeteiggebäck bleibt (länger) weich und zart, wenn man etwa nach der Hälfte der Backzeit eine Tasse mit heißem Wasser unten in den Backofen stellt. Dadurch wird ein bisschen Dampfatmosphäre erzeugt.
Jetzt wissen Sie alles über den Kärntner Reindling und können loslegen!
So sieht er aus, mein frisch gebackener Kärtner Reindling.
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Der Reindling sieht köstlich aus. Darf ich fragen wie lange er sich hält? Würde ihn gerne am Samstag für die kommenden Osterfeiertage backen. Ist das vertretbar oder sollte man ihm am selben Tag backen und essen? LG aus Tirol
Liebe Sonja,
der Reindling hält selbstverständlich etliche Tage.
Wie bei jedem Hefegebäck sollte man wegen eventueller Austrocknung aber unbedingt auf die richtige Lagerung achten.
Danke Peter, ich werde ihn sowieso in eine Tupperwaretortenform stellen. Somit ist er auch vor dem austrocknen geschützt. Schöne Osterfeiertage und LG
sehr schön, dein Reindling, und die Aufklärung über die Verwandtschaft zur Pogaca der ich mich auch gerne einmal widmen möchte.
Wie lecker – nach dem Motto „zwei Irre, ein Gedanke“ habe ich dieses Jahr auch einen Reindling zum Osterfest gebacken! Allerdings mit einer Woche Verfrühung, zwecks Bloggerei. Deiner ist aber auch wirklich schön geworden! Frohe Ostertage wünscht Dir
Ginger