Meine Überlegungen zu Sardinen süß-sauer, in Venetien selbstverständlich Sarde in saor genannt, führten mich schon vor über einem Jahrzehnt zu einer einfachen Erkenntnis. Lässt man nämlich den heißen Stein, Fondue oder Raclette außer acht, die heute fast zu den Gesellschaftsspielen gehören, dann ereilt jedes Gericht, und sei es noch so aufwändig gekocht, das gleiche Schicksal.
Trotz stundenlanger Kocher- oder Schmorerei, viel Geschnipsel, Geköchel, Geschmurgel, womöglich noch Reduziererei und Aufschäumerei – kaum steht das Essen auf dem Tisch, schon ist es in kürzester Zeit vertilgt. Besonders viel Vorfreude hat man dafür bei Gerichten, die sehr lange Marinierzeit haben und trotzdem schnell zubereitet sind.
Vor dem Rezept für Sardinen süß-sauer steht das Nachdenken:
In die Kategorie mit langer Marinierzeit gehört die venezianische Spezialität „Sarde in Saòr“, also Sardinen süß-sauer. Die Zutatenliste ist extrem kurz, als Marinierzeit empfehlen sich circa 24 Stunden und es passt toll in den Sommer. Das einzige Problem, das man in unseren Breitengraden damit haben könnte, sind die Sardinen selbst. Die armen Fischlein gehören nämlich zu den recht überfischten Arten in den Weltmeeren und nur in wirklich sehr gut sortierten Fachgeschäften liegen sie überhaupt in der Theke.
Dazu kommt noch: Bevor ich mein Fangnetz in die Theke des Fischhändlers meines Vertrauens werfe, versuche ich stets, mich darüber zu informieren, welche Fische man derzeit überhaupt zubereiten und essen darf. So gibt es einige Fischarten, die wir fast komplett von unserem Speiseplan gestrichen haben. Dazu gehört zum Beispiel Thunfisch.
Die Vorbereitung der Sardinenfilets für unsere Sardinen süß-sauer ist wichtig. Sie müssen geschuppt werden und die Rückenflosse muss gezogen werden. Kleine Gräten werden durch den Essig in der Marinade so weich, dass man sie ohne weiteres mitessen kann. Vor dem Braten werden die Filets kurz in Mehl gewendet. Sarde in saor!
Den richtigen Fang mit dem Einkaufsnetz
Als Verbraucher, mit einem Gewissen der Kreatur gegenüber, die man sich auf den Teller lädt, hat man es aber nicht leicht. Um festzustellen welche Fische man vom Speiseplan nehmen sollte und welche nicht, gibt es verschiedene Informationsquellen. Am fragwürdigsten sind dabei natürlich die Organisationen, die sehr eng mit den Fangflotten dieser Welt verbandelt sind und Siegel verteilen, die den Verbraucher in Sicherheit wiegen wollen.
Als Artikel-Serie in den Nürnberger Nachrichten.
(gedruckte Ausgabe)
Teil 5 hier auch als PDF zum Download.
Eine bessere Quelle sind da schon Greenpeace und der WWF. Die beiden Organisationen kommen allerdings nicht immer zu den gleichen Empfehlungen. Nach meinem letzten (vorher unüberprüften) Fang, dem winzigen Teil eines Sardinenschwarms aus dem Nordatlantik, konnte ich feststellen, dass der WWF in seinem aktuellen Einkaufsführer angibt, Sardinen sollten auf dem Speisezettel prinzipiell nur zweite Wahl sein.
Greenpeace macht in seinem Fischratgeber übrigens darauf aufmerksam, dass Sardinen nur noch gegessen werden sollten, wenn sie aus dem Nordost-Atlantik kommen. Siehe die diese Seite von Greenpeace zum Thema.
Ich verrate das Rezept für Sarde in saor, also Sardinen süß-sauer jetzt trotzdem. Auch weil wir es kaum öfter als ein Mal im Jahr verspeisen. Dafür mit großer Freude und Erinnerungen an schöne Restaurants in Italien.
Fakt ist, es lohnt sich also auf jeden Fall zu überprüfen, aus welchen Teilen der Weltmeere unser Fisch kommt. Sardinen aus dem Mittelmeer sind definitiv tabu. Und um in einer Dose zu landen, dafür sind Sardinen ohnehin viel zu Schade. Wenn Sie frische Sardinen aus dem richtigen Teil der Meere mit Ihrem Einkaufsnetz gefangen haben, bereiten Sie sich lieber das folgende Rezept zu. Das ist der Sardine würdig und Sie haben nicht nur Vorfreude damit. Sardinen haben einen äußerst würzigen, kräftigen Geschmack.
Rezept und Zubereitung für Sardinen süß-sauer. Sarde in Saor
Wichtig: Die eingelegten Sardinen müssen mindestens 24 Stunden an einem kühlen Ort oder im Kühlschrank aufbewahrt werden. Die Sardinen süß-sauer sind dann noch zwei bis drei Tage haltbar.
Sardinen süß-sauer. Rezept für Sarde in saor
Zutaten
- 500 g Sardinenfilets
- 50 g Mehl
- 500 g Weiße Zwiebeln
- 1 Lorbeerblatt
- 2 TL Salz
- 40 g Sultaninen
- 20 g Pinienkerne
- 100 ml Olivenöl
- 50 ml Balsamico bianco
- 100 ml Sonnenblumenöl zum ausbacken der Sardinen
Anleitungen
Vorbereitung der Sardinen und Sultaninen:
- Wenn Sie keine Filets bekommen haben, müssen die Sardinen entschuppt und ausgenommen werden. Die Rückenflosse herausziehen. Die Fische gut waschen und auf Küchenpapier abtropfen lassen.
- Die Sultaninen waschen und in etwas warmes Wasser einlegen.
Die weißen Zwiebeln:
- Die Zwiebeln schälen und in dünne Ringe schneiden. Am besten mit dem Gemüsehobel.
- 100 ml Olivenöl und 50 ml Wasser in einem Topf erhitzen, mit zwei Teelöffeln Salz und dem Lorbeerblatt würzen. Die Zwiebelringe darin zunächst anschwitzen und dann bei mittlerer Hitze 5-10 Minuten köcheln.
- In der Mitte der Kochzeit den Essig untermischen. Die Zwiebeln sollten noch al dente, das Wasser verkocht sein.
- Die Rosinen trocknen und unter das Zwiebel-Ragout mischen. Den Topf vom Herd nehmen und abkühlen lassen.
Die Pinienkerne
- In einer Pfanne ohne Fett die Pinienkerne anrösten. Vorsicht, sie nehmen nach einiger Zeit in der Pfanne sehr plötzlich Farbe an und werden auch sehr schnell schwarz.
Die Sardinen Braten
- Das Mehl auf einem Teller verteilen und die Sardinen darin wenden. Überschüssiges Mehl abklopfen. Das Sonnenblumenöl in einer Pfanne erhitzen, die Sardinenfilets darin kurz braten, bis sie etwas Farbe angenommen haben. Zum abkühlen auf Küchenkrepp legen.
- Nun alle Zutaten abwechselnd in eine Schüssel schichten. Mit den Zwiebeln beginnen, darauf eine Schicht Sardinen legen und leicht salzen, dann wieder Zwiebeln und wieder Sardinen. Auf jeden Fall mit Zwiebeln abschließen.
- Die gesamte Mischung etwa 24 Stunden kühlstellen.
Leicht mehliert und kurz gebraten, sehen die Sardinenfilets so aus.
Südlich von Venedig, nahe der Insel Albarella gibt es Sardinen süß-sauer auf dem Bauernhof (mit Restaurant) San Gaetano. Einst zu empfehlen! Leider haben wir keine Ahnung wie es da heute zugeht.
Nahe der Halbinsel Albarella: San Gaetano – Rosalina hier gab es köstliche Sardinen süß-sauer
Die Europäer werfen ja den Japanern gerne vor, sie wären für den Niedergang der Thunfischvorkommen verantwortlich, weil diese so viel Thunfisch in Form von Sushi vertilgen. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Wenn man sich überlegt wo in Europa vor 25 oder 30 Jahren Thunfisch gegessen wurde, dann landet man schnell bei der Erkenntnis, dass es für die breite Bevölkerung damals nur Thunfisch aus Dosen gab, womöglich nur für die Katze, und das Wort Sushi konnten nur weitgereiste Menschen oder Feinschmecker buchstabieren.
Sarde in Saor …und noch ein paar tolle Sommer Rezepte:
– Sommertarte mit frischem Gemüse
– Melonenkugeln machen – Wassermelone mal anders
– Gazpacho Original – Kalte spanische Gemüsesuppe
– Kalte Mandelsuppe (Ajo Blanco) – weiße Gazpacho
– Gebratener Thunfisch auf Lauchgemüse mit Piment-Ananas
Mehr Rezepte aus Italien:
– Gefüllte Paprikaschoten – Peperoni ripieni
– Caponata mit Kapern und Oliven – Caponata con capperi e olive
– Venezianisches Zwiebelgemüse mit Fleisch des Tages
Mehr Rezepte mit Sardinen
– Sardinen mit geschmortem Paprikagemüse
– Pasta mit Sardinen. Nichts für Weglasser
– Sardinen-Terrine mit Ziegenkäse-Cappucino
– Gegrillte Sardinen mit grünen Bohnen – Portugal – zur EM2012
– Sardinenfilets im Kartoffelmantel
– Pasta mit Sardinen und Fenchel in Piment
Mich überfällt grad eine unbändige Lust nach Sardinen! Sieht wunderbar aus.