In der Buchbesprechung zum „NOMA“, die ich hier vor Jahren veröffentlicht habe, wurde vollmundig angekündigt, ich würde alsbald das Dessert-Rezept „Rote Bete und Rhabarber“ aus dem Buch auf den Tisch bringen. – Heute kann ich dazu nur sagen: wäre die Buchbesprechung nicht mit einem Datum versehen, ich würde es nicht glauben! So schnell rennt die Zeit.
Wer keine Lust hat nachzuschlagen, kann sich hier gerne aufklären lassen: Das NOMA ist ein Restaurant in Kopenhagen, dessen Küchenchef und Mitbesitzer auf den Namen René Redzepi hört. Allerdings ist das NOMA nicht irgendein Restaurant, sondern wurde in den Jahren 2010, 2011, 2012, 2014 und 2021 zum besten Restaurant der Welt gewählt.
Rote Bete und Rhabarber als Dessert
René Redzepi, der unter anderem in Ferran Adrias weltberühmtem Restaurant El Bulli in Spanien gearbeitet hatte, gilt als Miterfinder der „neuen nordischen Küche“. In Redzepis spannendem Konzept gibt es zwei zu Grunde liegende Ideen: zuerst die Vorstellung von Zeit und Ort und dann die Rekonstruktion von Lebensräumen.
Ein Fleischgericht kann danach ausschließlich Zutaten aus dem natürlichen Umfeld des zubereiteten Tieres haben. Beispiel: Getreide und Wildbeeren zum Wildschweinbraten. Wenn ein Gericht Milch und Dill heißt, besteht es auch zum Großteil aus Milch und Dill.
René Redzepi will das Noma übrigens nach dem Silvestermenü 2016 schließen und erst nach einer langen Pause 2017 im autonomen Kopenhagener Stadtteil Christiania mit neuen Ideen wiedereröffnen. Siehe René Redzepi Plans to Close Noma and Reopen It as an Urban Farm.
Nein Danke zu „all inclusive“
Der junge Starkoch ist mit seinem Konzept also meilenweit entfernt von der „McDonaldisierung“ unserer Gesellschaft, über die ich erst kürzlich in einem Web-Magazin gelesen habe, der Trend ginge heute überall zum Ganz-Tages-Menü. Das mag zwar stimmen, ich hasse trotzdem Menschen mit Kaffee-to-go-Bechern in der Hand, gehe lieber in ein schönes Cafe, koche mir mein Essen meistens selber und gehe nur selten in Restaurants. – Für das Noma würde ich eine Ausnahme machen ;-).
Ganz-Tages-Menüs kennen die Leute aus dem Urlaub, meist unter der Überschrift „all inclusive“. Aber was soll dabei kulinarisch schon herauskommen? Wenn fertige Gerichte stundenlang auf Warmhalteplatten vor sich hingammeln? – Eine grauenhafte Vorstellung. Zumindest für uns.
Dem All-Inklusiv-Konzept sind ohnehin enge Grenzen gesetzt, was die Gerichte angeht, die man dafür verwenden kann. Erst recht bei Desserts, die über bekannte Standards nie hinauskommen.
Spannendes Dessert aus der nordischen Küche
Womit wir wieder bei der ungewöhnlichen Kombination angelangt sind, die das Dessert „Rote Bete und Rhabarber“ verspricht. Bisher noch nicht erwähnt wurde, dass die Dritte Komponente in der Zusammenstellung ein Schafsmilch-Joghurt-Granita ist.
Rote Bete und Rhabarber mit Joghurt-Granita aus Schafsmilch zum Dessert
Rhabarberpulver herstellen
Der aufwändigste (und fast unsichtbare) Teil, ist allerdings Rhabarberpulver (gibt es gefriergetrocknet zu kaufen), das ich lieber selbst hergestellt habe. Dazu habe ich Rhabarberstangen gewaschen, abgetrocknet, geschält, mit dem Sparschäler in sehr dünne Streifen geschnitten, auf Bleche ausgelegt, die mit Backpapier präpariert waren und für 2-3 Stunden bei ca. 70 Grad (Umluft) im Backofen getrocknet.
Die trockenen Rhabarberscheibchen werden anschließend zerkrümelt und in einem kleinen Mixer zu sehr feinem Pulver gemahlen. Dieses zeichnet sich durch ein sehr schönes Rhabarber-Aroma aus und ist pur sehr, sehr sauer. Aber eine echte Wucht!
Wie immer, wenn ich etwas aus Kochbüchern mache, entspricht die nachfolgende Rezeptur nicht mehr zu 100% dem Original. Aus dem Rote-Bete-Sorbet wurde ein Rote-Bete-Mousse, das durch seine tolle Farbe besticht. Mein Schafsmilch-Joghurt-Granita geriet mehr zum Eis, zusätzlich habe ich rohe Rhabarberscheibchen in Grenadine mariniert und mit ein paar Blättchen Waldmeister serviert.
Rohe Rhabarberscheibe, in Grenadine mariniert und mit Waldmeister gekrönt
Rote Bete und Rhabarber mit Joghurtgranita aus Schafsmilch
Zutaten ausreichend für 4 Personen:
* 10-15 g Rhabarberpulver (gefriergetrocknet oder selbst hergestellt)
1) Joghurt-Granita
* 150 g Wasser
* 40 g Zucker
* 250 g Joghurt aus Schafmilch
* 65 g Joghurt aus Kuhmilch
* 1 EL Zitronensaft
Wasser und Zucker zum Kochen bringen und abkühlen lassen. Danach mit dem Joghurt und dem Zitronensaft vermengen und in einem kleinen Metallbehälter tiefkühlen. Beim Durchfrieren immer wieder rühren, am Ende mit einer Gabel zu Pulver schaben und im Gefrierschrank lagern. (Was mir nicht gelungen ist, ich hatte weniger ein Granita, als vielmehr ein Eis.)
2) Rote-Bete-Mousse
* 2 Blatt Gelatine
* 200 ml Rote-Bete-Saft
* 40 g Joghurt (Kuhmilch)
* 1 EL Zitronensaft
* 50 g Eiklar
* 20 g Puderzucker
* 100 g Schlagsahne
Die Gelatine in kaltem Wasser vorquellen lassen. Einen Teil des Rote Bete Saftes erwärmen (nicht kochen), die eingeweichte Gelatine darin auflösen, abkühlen lassen. Den restlichen Saft zugeben, mit dem Joghurt und dem Zitronensaft vermischen, kühl stellen (etwa eine Stunde) bis die Gelatine leicht anzieht.
Die Sahne steif schlagen und unterheben. Das Eiklar mit dem Zucker steif schlagen und vorsichtig unter die Masse heben. Für weitere 3-4 Stunden kühl stellen.
3) Rhabarber-Mousse
* 2 Blatt Gelatine
* 200 g Rhabarbersaft (Entsafter, abgeseiht, oder Reformhaus)
* 40 g Joghurt (Kuhmilch)
* 1 EL Zitronensaft
* 50 g Eiklar
* 20 g Puderzucker
* 100 g Schlagsahne
Die Gelatine in kaltem Wasser vorquellen lassen. Einen Teil des Rhabarbersaftes erwärmen (nicht kochen), die eingeweichte Gelatine darin auflösen, abkühlen lassen. Den restlichen Saft zugeben, mit dem Joghurt und dem Zitronensaft vermischen, kühl stellen (etwa eine Stunde) bis die Gelatine leicht anzieht.
Die Sahne steif schlagen und unterheben. Das Eiklar mit dem Zucker steif schlagen und vorsichtig unter die Masse heben. Für weitere 3-4 Stunden kühl stellen.
Rote Bete und Rhabarber als Dessert? Das geht!
Das Rhabarber-Mousse wird mit dem Rhabarber-Pulver bestäubt
Ein echter Hingucker auf dem Teller: Rote-Bete-Mousse
Mit dem Sparschäler den Rhabarber in sehr dünne Scheibchen hobeln . . .
. . . die dann so aussehen . . .
. . . und im Backofen für 2-3 Stunden getrocknet werden
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Sehr schön Peter, da hat sich das Warten gelohnt. Irgendwie geht das immer schneller – mit der Zeit, dem Alter und so… Man muss einfach dagegen halten: mit Genuß, so wie mit diesem wunderbaren Dessert.
Ja, Thomas.
Aber ist das schon alles im hohen Alter?
Ein Dessert…. ? ;-)